BERLIN. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat sich skeptisch zur Politik der neuen Bundesregierung geäußert. „Die neue linksliberale Regierung strebt weg von Kohls Europa der Vaterländer hin zu einer migrations- und genderfreundlichen, deutsch geprägten, zentralistischen Politik aus Brüssel. Hier stehen wir nicht mehr Seite und Seite“, schrieb der konservative Politiker in einem Gastbeitrag für die Bild-Zeitung am Mittwoch.
Deutschland und Ungarn verbinde ein engeres und emotionaleres Verhältnis als andere Länder. So hätten die beiden Völker in tausend Jahren niemals miteinander Krieg geführt. „Es waren die Ungarn, die den ersten Stein aus der Berliner Mauer schlugen und 1989 so den Grundstein für ein freiheitliches Europa legten“, erinnerte der Staatschef.
„Mit der Migrationskrise 2015 zerbrach unsere Einigkeit“
Noch unter Helmut Kohl (CDU) sei die Beziehung zwischen den beiden Nationen sehr harmonisch gewesen. Orban lobte den Kanzler, „der stets der väterliche, verläßliche Freund und treue Patron der mitteleuropäischen Völker war“. Auch mit Angela Merkel (CDU) sei die Zusammenarbeit zunächst sehr erfolgreich verlaufen. So etwa während der Finanzkrise 2008.
An der Flüchtlingsfrage sei das Einvernehmen zwischen Ungarn und Deutschland allerdings gescheitert. „Mit der Migrationskrise 2015 zerbrach unsere Einigkeit.“ Diese sei eine ernsthafte Herausforderung gewesen. „Sie wurde zum Rubikon, weil sie unser unterschiedliches philosophisches, politisches und emotionales Verständnis von einer Nation und der Freiheit und der Rolle Deutschlands hervorhob“, stellte Orbán fest. Es müsse sich erst noch abzeichnen, ob man diese Differenzen mit der neuen Bundesregierung überbrücken könne. (fw)