BERLIN. Außenminister Heiko Maas (SPD) sieht keinen Grund, wegen des Afghanistan-Desasters politische Konsequenzen zu ziehen. Im Interview mit dem Spiegel sagte Maas auf die Frage, ob er in den vergangenen Tagen an Rücktritt gedacht habe: „Ob Sie es glauben oder nicht: In den vergangenen Tagen habe ich nur an eines gedacht, nämlich aus den Fehlern, die wir alle gemacht haben, die Konsequenz zu ziehen und dafür zu sorgen, so viele Leute aus Afghanistan rauszuholen wie möglich. Das ist die verdammte Pflicht von jedem, der an der Entwicklung der letzten Tage und Wochen beteiligt war.“
Gleichzeitig machte Maas den Bundesnachrichtendienst (BND) für das Versagen der deutschen Politik in Afghanistan verantwortlich. „Der BND hat offensichtlich eine falsche Lageeinschätzung vorgenommen, so wie andere Dienste auch“, erläuterte der SPD-Politiker. Die verschiedenen Geheim- und Nachrichtendienste hätten falsche Einschätzungen von einander übernommen und untereinander geteilt.
Maas kündigt Konsequenzen für BND an
Das müsse sich ändern. „In Zukunft sollte man die Erkenntnisse anderer Dienste noch einmal sehr intensiv überprüfen. Die Entscheidungen, die aufgrund dieser fehlerhaften Berichte getroffen wurden, sind nach bestem Wissen und Gewissen gefallen. Aber sie waren im Ergebnis falsch, mit katastrophalen Folgen. Das kann nicht ohne Konsequenzen für die Arbeitsweise unserer Dienste bleiben.“
Noch Anfang Juni hatte Maas während einer Befragung der Bundesregierung im Parlament zur Lage in Afghanistan gesagt: „All diese Fragen haben ja zur Grundlage, daß in wenigen Wochen die Taliban das Zepter in Afghanistan in der Hand haben werden. Das ist nicht die Grundlage meiner Annahmen.“
Auch als sich die Lage am vergangenen Wochenende zuspitze, reagierte das Auswärtige Amt erst spät. Während man am Freitag in der deutschen Botschaft in Kabul auf grünes Licht aus Berlin zur Evakuierung wartete, weilte Maas noch auf einem SPD-Wahlkampftermin in Baden-Württemberg. (krk)