BERLIN. Mit dem Urteilsspruch des Berliner Schwurgerichts ist ein Montag ein Aufsehen erregender Vergewaltigungsprozeß zu Ende gegangen. Der Iraker Wissam B. B. erhielt wegen mehrfacher schwerer Sexualstraftaten eine Haftstrafe von dreizehneinhalb Jahren. Die Richter sahen es als erwiesen an, daß er teils zusammen mit Komplizen zwischen 2018 und 2020 vier junge Frauen mißbraucht habe; die jüngste war 14 Jahre alt.
Daß es überhaupt zu dieser Serie kommen konnte, sollen Mißständen bei den Ermittlungsbehörden ermöglicht haben. „Geld- und Personalmangel haben die Aufklärung behindert. Dies war sehr schwer für das Gericht zu erfahren“, räumte die Vorsitzende Richterin Denise Wittkopf laut Welt ein.
Ein späteres Opfer hatte Mitleid mit dem Flüchtling
Bereits während des Prozesses hätten die Opferanwälte bemängelt, daß DNS-Spuren zu spät ausgewertet wurden. So sei der Verurteilte nach den ersten Taten zweimal vernommen worden. Obwohl er DNS-Proben abgegeben habe, konnte er weitere Vergewaltigungen begehen. Auch sei laut Recherchen der Welt keine Ermittlungsgruppe nach den Fällen gegründet worden.
Eine der Frauen, die Wissam B. B. zum Opfer fiel, soll ihm zuvor aus Mitleid in die Asylunterkunft gefolgt sein. Dort fiel er über sie her.
Nach dieser Tat habe er mit einem Komplizen aus der Flüchtlingseinrichtung Frauen aufgelauert und sie überfallen. Dazu sollen sie diese in ein Auto gezerrt und sich mehrfach an ihnen vergangen haben.
Weitere Prozesse wegen Vergewaltigungen stehen aus
Im weiteren Verlauf der Verbrechenserie habe der Iraker, der 2015 als Flüchtling nach Deutschland kam, eine immer größere Brutalität an den Tag gelegt. So sei er bei der letzten Vergewaltigung mit vier Komplizen über das Opfer hergefallen. Als sich die 21jährige gewehrt habe, verletzte einer der Männer sie durch einen Biß.
Die Prozesse gegen die Mittäter stehen noch aus. Sofern sie ihre Schuld abstreiten, müssen zwei der Opfer erneut vor Gericht aussagen.
Bereits im Sommer 2019 hatte der Berliner Staatsanwalt Ralph Knispel die Folgen des Personalmangels bei den Sicherheitsbehörden der Hauptstadt beklagt. Das führe beispielsweise dazu, daß bei der Berliner Kriminaltechnik 52.000 unerledigte Gutachten auf die Bearbeitung warteten. (ag)