BRÜSSEL. Die Vizepräsidentinnen des EU-Parlaments Katarina Barley (SPD) und Nicola Beer (FDP) haben vor Verwerfungen durch die anstehende slowenische EU-Ratspräsidentschaft gewarnt. Besonders kritisierten die Politikerinnen dabei den slowenischen Ministerpräsidenten Janez Janša (SDS).
„Ich appelliere an alle mit Verantwortung auf europäischer Ebene, an die Mitgliedstaaten, die Europäische Kommission, das Parlament und die Medien, Janša keine Bühne für seine demokratieverachtende Rhetorik und Politik zu bieten“, sagte Barley der Welt. Es gebe immer die Hoffnung, daß selbst schwierige Regierungschefs in der Ratspräsidentschaft staatstragender werden. „Aber ich fürchte, Janša wird diese Hoffnung enttäuschen.“
Barley verglich den slowenischen Ministerpräsidenten mit dem ungarischen Ministerpräsidenten Viktor Orbán (Fidesz). „Er geht sehr ähnlich vor wie Orbán, um sich den Staat unterzuordnen.“ So habe Janša „ihm nicht genehme Medien“ finanzielle Zuwendungen entzogen und „Journalisten persönlich eingeschüchtert – ganz besonders Frauen“. Barley bewertete den sechsmonatigen EU-Vorsitz Sloweniens als eine „herausfordernde Zeit“.
EU-Ratspräsidentschaft sei kein Grund für falsche Rücksichtnahme
Auch die FDP-Politikerin Nicola Beer sagte der Welt: „Premier Janša muß bereit sein, europäische Lösungen zu verhandeln, nicht selbst ein europäisches Problem zu sein“. Zudem warf sie dem Slowenen vor, die neu geschaffene Europäische Staatsanwaltschaft zu boykottieren und kritische Medien zu beschimpfen.
„Wer die staatliche slowenische Nachrichtenagentur als ‘nationale Schande‘ verunglimpft, gefährdet die Pressefreiheit und schafft inakzeptablen Druck gegenüber Journalisten und Bloggern“, sagte sie. Die EU-Ratspräsidentschaft sei kein Grund für falsche Rücksichtnahme. Der slowenische Ministerpräsident müsse damit rechnen, „daß wir während der EU-Präsidentschaft ganz genau hinsehen und nicht zögern werden, solch ein Verhalten offen als intolerabel zu kritisieren“, warnte Beer.
Erst im April hatte Barley dem ungarischen Ministerpräsidenten Orbán Korruption vorgeworfen und deshalb an die EU-Kommission appelliert, den EU-Rechtsstaatsmechanismus auf Ungarn anzuwenden. Orbán lasse jedes Jahr Freunden und Familie staatliche Gelder in Milliardenhöhe zukommen, lautete ihr Vorwurf.
Ende 2020 hatten das EU-Parlament und die Regierungschefs der Mitgliedsstaaten beschlossen, Verstöße gegen die EU-Werte mit Geldkürzungen zu bestrafen. Der Mechanismus könnte nun jene Länder treffen, denen die EU die Verletzung der Rechtsstaatlichkeit vorwirft. (hl)