BERLIN. Die Suche nach einem Spitzenkandidaten der AfD für die Bundestagswahl nimmt weiter Fahrt auf. Konkret geht es um den Co-Spitzenkandidaten von AfD-Chef Tino Chrupalla. Mehrere führende AfD-Politiker bringen jetzt die digitalpolitische Sprecherin der Partei im Bundestag, Joana Cotar, ins Spiel.
Der Beisitzer im Bundesvorstand, Alexander Wolf, sagte am Montag der JUNGEN FREIHEIT: „Das Spitzenteam Joana Cotar und Tino Chrupalla steht für Ost und West, Mann und Frau, und – ganz wichtig – in einem solchen Team können sich alle Strömungen unserer Partei wiederfinden. Joana Cotar unterstreicht klar unseren freiheitlich-konservativen Kurs. Zusammen haben beide die Chance, eine überwältigende Mehrheit der AfD hinter sich zu vereinen.“ Außerdem sei sie ein Sympathieträger, was jeder unterstreichen könne, der sie kenne.
„Ich bin gefragt worden und stehe bereit dafür“
Zuvor hatte sich auch Bundesschatzmeister Carsten Hütter aus Sachsen für Cotar und Chrupalla ausgesprochen. „Das wäre doch ein Spitzenteam“, schrieb er am Sonntag auf Facebook. Auch ein weiteres Bundesvorstandsmitglied äußerte sich gegenüber der JF wohlwollend über den Vorschlag.
Cotar selbst sagte auf Nachfrage der JF: „Ich bin tatsächlich gefragt worden, ob ich kandidieren würde und grundsätzlich stehe ich auch bereit dafür. Allerdings ist das ein Vorgang, der tief in die Partei hineinwirkt und der integrativ sein sollte. Die Gespräche laufen. Mehr möchte ich im Moment dazu nicht sagen.“ Die in Rumänien geborene Eventmanagerin ist seit Herbst Mitglied im Bundesvorstand.
Brandner: „Ich bin auch gefragt worden“
Der stellvertretende Bundesvorsitzende Stephan Brandner kommentierte den Vorgang gegenüber der JF wie folgt: „Ich bin auch gefragt worden, ob ich Spitzenkandidat werden wolle, und nach meiner Kenntnis wurden viele gefragt.“ Dies allein bedeute allerdings noch nichts. „Das Bemühen hätte ich als deutlich ernsthafter empfunden, wenn das Thema bei der jüngsten Bundesvorstandssitzung am Freitag zur Sprache gekommen wäre, die Sitzung hat immerhin fünf Stunden gedauert. Alles Weitere sollte in den Gremien und nicht vor oder in der Öffentlichkeit besprochen werden.“
Vor vier Jahren war die AfD mit den späteren beiden Bundestagsfraktionsvorsitzenden Alice Weidel und Alexander Gauland in den Wahlkampf gezogen. Weidel forderte am Sonntag gegenüber der Welt, die Partei müsse eine Mitgliederbefragung möglichst bald umzusetzen, derzufolge die Basis über den Spitzenkandidaten entscheiden solle. Die Erhebung, an der rund 7.400 von 30.800 Mitgliedern teilgenommen hatten, ergab, daß fast 87 Prozent den oder die Spitzenkandidaten per Mitgliederbefragung wählen möchten.
Weiteres Vorgehen solle Parteitag entscheiden
„Das ist ein sehr deutliches Votum der Parteibasis. Es ist nun an der Parteiführung zu klären, wie dieser Wunsch möglichst zeitnah in der Praxis umgesetzt werden kann“, sagte Weidel. „Die Wähler verbinden Programme mit Köpfen. Wir schaden uns, wenn wir uns nicht rasch über die Köpfe einigen.“ Auf die Frage, ob sie erneut Spitzenkandidatin werden wolle, antwortete sie, das könne sie zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen.
In einem Mitgliederrundbrief des Bundesvorstands vom Sonnabend hieß es, die Delegierten des Parteitags am zweiten Aprilwochenende in Dresden sollten die Frage klären. Wolf antwortete gegenüber der JF auf die Frage, ob der AfD-Bundesvorstand damit die Mitgliederbefragung mißachten wolle: „Nein, der Bundesvorstand ignoriert selbstverständlich nicht die Mitgliederbefragung. Er hat lediglich formal darauf hingewiesen, daß das weitere Vorgehen nicht der Bundesvorstand zu entscheiden hat, sondern der Parteitag als oberstes Organ der Partei.“ (ls)