DRESDEN. Der sächsische Landtagsabgeordnete Thorsten Gahler (AfD) hat die Veränderung des Wahlverfahrens zur Besetzung des Rundfunkrates des Mitteldeutschen Rundfunks (MDR) kritisiert. Er machte sie für das Ausscheiden seiner Partei aus dem Gremium verantwortlich. „Das hat man schon bewußt geändert, weil die Machtverhältnisse und die Mehrheitsverhältnisse sich massiv verschoben haben und die AfD dadurch schon mehr Plätze gehabt hätte“, erläuterte er am Dienstag dem Deutschlandfunk gegenüber.
Am Freitag hatte sich eine Mehrheit im sächsischen Landtag darauf verständigt, den Rundfunkrat nicht mehr der Stärke der im Landtag vertretenen Parteien entsprechend zu besetzen, sondern die einzelnen Kandidaten über eine Zweidrittelmehrheit zu wählen. Gahler erreichte diese Mehrheit nicht. Die Partei behält sich vor, das neue Wahlverfahren juristisch anzufechten.
Interessenvertreter für Schwule und Flüchtlinge erhalten Sitze
Am Freitag hatte das Dresdner Landesparlament sieben neue Vertreter für den MDR-Rundfunkrat gewählt. Durch die Annahme des neuen Staatsvertrags für das öffentlich-rechtliche Medienhaus im Juni wächst das Gremium von 43 auf nunmehr 50 Mitglieder an. Die vakanten Plätze wurden sowohl mit Politikern aus CDU, Linkspartei und SPD als auch mit Vertretern von Schwulen- und Lesbenverbänden sowie Flüchtlingsorganisationen besetzt.
Auch der AfD-Fraktionschef Jörg Urban sieht seine Partei als Opfer einer Intrige. Im Dresdner Landesparlament griff er die anderen Parteien für die Wahländerung scharf an: „Mit der Durchbrechung der Geschäftsordnung haben Sie, die sich oft als demokratische Parteien bezeichnen, bewiesen, was Sie von der Demokratie halten: Sie haben mit dieser Besetzung 27 Prozent der sächsischen Wähler, die wir vertreten, vom MDR-Rundfunkrat ausgeschloßen.“
Grüne: Auch Regierungsparteien sollen aus dem Rundfunkrat ausscheiden
Der sächsische CDU-Politiker Andreas Nowak, der in den Rundfunkrat gewählt wurde, widersprach der Darstellung der AfD. Niemand sei verpflichtet, deren Kandidaten zu wählen. „Dieser Anspruch steht weder im Grundgesetz, noch in den Landesverfassungen, noch im MDR-Staatsvertrag. Sondern man kann einen Kandidaten schicken, und wenn die eine Mehrheit bekommen, sind sie gewählt, und wenn sie keine Mehrheit bekommen, sind sie nicht gewählt.“
Die medienpolitische Sprecherin der Grünen im sächsischen Landtag, Claudia Maicher, lobte die Entscheidung für das veränderte Wahlverfahren. „Eine Zweidrittelmehrheit heißt überall, daß nicht alleine die Regierung beschließen kann. Ich halte das für eine richtige und wichtige Regelung, weil die Zweidrittelmehrheit eine hohe demokratische Hürde ist.“ Vielleicht bedeute die Staatsferne der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten auch, in Zukunft gar keine Vertreter mehr aus den Landesregierungen in dem Gremium zuzulassen.
Der Rundfunkrat ist das oberste Beschlußorgan des MDR. Er bestimmt sowohl die Intendanz als auch die Direktion der öffentlich-rechtlichen Medienanstalt. In seiner Zusammensetzung soll er die ganze Bandbreite gesellschaftlicher Verbände und Interessengruppen, aber auch die politischen Kräfteverhältnisse im Land darstellen. (fw)