BERLIN. Die Präsidentin der Ärztekammer Niedersachsen, Martina Wenker, hat eine Ausgangssperre für Ungeimpfte ins Spiel gebracht. Nur „mit maximaler Konsequenz“ lasse es sich noch verhindern, daß sich die Situation in den Krankenhäusern wie in Bayern entwickle, sagte sie der Nordwest-Zeitung. „Das Virus verzeiht nicht den kleinsten Fehler!“, warnte Wenker.
Unterdessen hält die Diskussion um eine Impfpflicht gegen das Corona-Virus an. Nach Ansicht des Berliner Staatsrechtlers Ulrich Battis wäre die Maßnahme vom Grundgesetz gedeckt. „Eine solche allgemeine Impfpflicht ist durchaus vertretbar – und zwar, um das Leben anderer Menschen zu schützen“, erläuterte er gegenüber der Neuen Osnabrücker Zeitung.
„Die Bürger vorbeugend gegen Corona zu impfen, ist durch Artikel 2 des Grundgesetzes gedeckt, der den Schutz des Lebens anderer Menschen festlegt.“ Das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit habe dahinter zurückzutreten. Die Impfpflicht müsse nun schnell kommen. Zwar sei es zu spät, damit noch etwas gegen die vierte Welle auszurichten. „Aber sie kann gegen eine künftige fünfte Welle helfen.“
Falsche Informationen über Impfschutz
Unterdessen hat der Virologe Alexander Kekulé davor gewarnt, zu glauben, man könne alleine mit Einschränkungen für Ungeimpfte die derzeitige Lage wieder in den Griff bekommen. „Das allein wird nicht funktionieren. Vor allem das sogenannte 2G-Modell ist ja Teil des Problems. Geimpfte und Genesene glauben, sie wären sicher, weil man ihnen das bis vor Kurzem so gesagt hat. Aber auch sie infizieren sich zu einem erheblichen Teil. Dadurch haben wir jetzt diese massive Welle unter den Geimpften“, sagte Kekulé der Welt.
Diese Welle sei so gefährlich, da geimpfte Menschen glaubten, sie seien geschützt. „Sie wurden falsch informiert, sogar das Robert-Koch-Institut hat das noch bis vor Kurzem auf seiner Website falsch dargestellt. Immerhin haben sie inzwischen den Satz entfernt, daß Geimpfte so gut wie nichts zum Infektionsgeschehen beitragen. Diese Kommunikation ist schlecht gelaufen.“
Kekulé: Impfstoff an Delta-Variante anpassen
Dennoch sei die Impfung sinnvoll und hilfreich, mahnte der Virologe. Ihr sei zu verdanken, daß es trotz einer höheren Inzident als im vergangenen November weniger Krankenhaus-Einlieferungen und Todesfälle gebe. „Wir haben heute eine Inzidenz über 300, vor einem Jahr sind wir bei 50 in den Lockdown gegangen, und ich würde sagen, dieses Jahr sind wir allerspätestens bei 500 in dieser Situation.“
Auf wenig Verständnis stieß bei Kekulé dagegen, daß die Impfstoffe bislang nicht an die Delta-Variante des Corona-Virus angepaßt wurden. Und das, obwohl bereits seit März absehbar gewesen sei, daß sie die vorherrschende Mutante werde. „Da stellt sich die Frage, warum wir mit dem gegen die ursprüngliche Wuhan-Variante entwickelten Impfstoff boostern, statt die neu angepaßten Vakzine zu verimpfen.“ (krk)