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Richterbund warnt: Immer mehr Verdächtige wegen zu langer Verfahren aus U-Haft entlassen

Richterbund warnt: Immer mehr Verdächtige wegen zu langer Verfahren aus U-Haft entlassen

Richterbund warnt: Immer mehr Verdächtige wegen zu langer Verfahren aus U-Haft entlassen

Richterbund warnt vor Überlastung
Richterbund warnt vor Überlastung
Richter arbeitet hinter Aktenbergen am Landgericht Bielefeld Foto: picture alliance/dpa
Richterbund warnt
 

Immer mehr Verdächtige wegen zu langer Verfahren aus U-Haft entlassen

Die deutsche Justiz muß einer neuen Statistik zufolge immer öfter Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen, weil Strafverfahren zu lange dauern. Besonders belastet sind die Staatsanwaltschaften.
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BERLIN. Die deutsche Justiz muß einer neuen Statistik zufolge immer öfter Tatverdächtige aus der Untersuchungshaft entlassen, weil Strafverfahren zu lange dauern. Im vergangenen Jahr gab es mindestens 69 solcher Fälle, hat eine Erhebung des Deutschen Richterbundes ergeben, die der Funke-Mediengruppe vorliegt. 2018 waren es 65 Fälle, im Jahr davor 51.

Staatsorgane müssen sich bei der Strafverfolgung an das sogenannte Beschleunigungsgebot in Haftsachen halten. Die Verfahren müssen schnellstmöglich behandelt werden, solange sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft befindet. Geschieht dies nicht, muß der Häftling unter Berufung auf das Grundrecht der persönlichen Freiheit aus der Haft entlassen werden.

„Die Justizstatistiken machen sehr deutlich, daß die Strafjustiz nach wie vor am Limit arbeitet“, sagte der Bundesgeschäftsführer des Richterbundes, Sven Rebehn, der Funke-Mediengruppe. Zum einen seien Strafverfahren vielfach aufwändiger geworden, zum anderen mangele es weiter an Personal. Die Justiz müsse besser ausgestattet werden, forderte Rebehn.

Richterbund sieht Staatsanwaltschaften überbelastet

Besonders belastet seien die Staatsanwaltschaften. Die Zahl der Verfahren, die nach Ermessen eingestellt werden, ist dem Bericht zufolge zwischen 2009 und 2019 um mehr als 200.000 gestiegen, was einer Zunahme von rund 20 Prozent entspricht. In solchen Fällen sieht die jeweilige Staatsanwaltschaft zwar einen hinreichenden Tatverdacht, das Verfahren wird wegen Geringfügigkeit aber dennoch beendet.

Für deutschlandweites Aufsehen hatte im vergangenen Jahr die Freilassung eines Sexualstraftäters aus Berlin gesorgt. Dem Mann wurde sexueller Mißbrauch von Kindern in 50 Fällen sowie der Besitz von 25.000 Dateien mit Kinderpornographie vorgeworfen.

Trotz dringenden Tatverdachts mußte er aus der Untersuchungshaft entlassen werden, weil der Prozeßtermin nicht innerhalb der gesetzlichen Frist beginnen konnte. Da dem Beschuldigten eine längere Untersuchungshaft nicht zumutbar gewesen war, mußte er auf freien Fuß gesetzt werden. Mittlerweile ist der Verdächtige doch noch zu einer fünfjährigen Gefängnisstrafe verurteilt worden. (ls)

Richter arbeitet hinter Aktenbergen am Landgericht Bielefeld Foto: picture alliance/dpa
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