Man könnte es eigentlich mit Humor nehmen, doch angesichts sinkender Wirtschaftsleistung und steigender Arbeitslosigkeit aufgrund der Corona-Krise ziehen sich die Mundwinkel eher nach unten, wenn man einen Blick in das neue „Schwarzbuch“ wirft. Der Bund der Steuerzahler listet darin jedes Jahr gravierende und skurrile Fälle von Steuergeldverschwendung auf.
Und die Auswahl ist auch in der 48. Ausgabe wieder groß. Genauer gesagt sind es 100 exemplarische Fälle, die der Verband von Reiner Holznagel auf kommunaler, Landes- sowie Bundesebene zusammengetragen hat. Beispiel gefällig? Drei Jahre lang tourte die mobile Disco „Dance Cube“ vom Bundeswirtschaftsministerium in einem Schiffscontainer durch die Lande, um für mehr Energie-Effizienz zu werben.
Interessierte Bürger sollten durch Tanzbewegungen die Disco mit Strom versorgen können. Pustekuchen! Anders als angekündigt, war der mobile Tanzraum nicht energieautark. Dafür schlugen die Kosten tief in den öffentlichen Geldbeutel ein. Das Projekt kostete die Steuerzahler am Ende 1,8 Millionen Euro.
„Hafenbalkon“ und nicht zulässiger Feuerwehrwagen
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Doch nicht nur der Bund, auch Kommunen und Länder können für eine mindestens zweifelhafte Ausgabenpolitik verantwortlich sein. Unter der Kategorie „Richtig skurril“ berichtet der Steuerzahlerbund über einen „Hafenbalkon“ in Hanau. Dabei handelt es sich um eine überdimensionale Ruhebank aus Holz, die auf einer Plattform aus rostigem Stahl steht. In unmittelbarer Nähe stehen gewöhnliche Bänke, auf denen sich der Blick auf den Main ebenso entspannt genießen ließ. Nur gibt es einen kleinen Unterschied: Das 4,80 mal 5,50 Meter große „Kunstwerk“ (Stadt Hanau) kostete die Steuerzahler mehr als 80.000 Euro.
Ebenso in Hessen liegt die Stadt Eschborn. Dort hatten die Oberen für 680.000 Euro einen Feuerwehrwagen gekauft. Doch das Gerät überschritt mit 17 Tonnen um eine Tonne das zulässige Gewicht. Die Stadt mußte den Wagen also wieder verkaufen – allerdings mit einem Verlust von 240.000 Euro.
„Teure Imagepflege“
Im Kapitel „Teure Imagepflege“ findet sich der Fall „Lieber Dank ist teuer“. Das Bundeslandwirtschaftsministerium richtete diesen in Form von Anzeigen in vier rheinland-pfälzischen Tageszeitungen an die dortigen Bürger. Hintergrund war ein Treffen der EU-Agrarminister am 31. August und 1. September 2020 in Koblenz. Optisch besonders hervorgehoben war ein „Dank an die lieben Rheinland-Pfälzerinnen und Rheinland-Pfälzer für die Gastfreundschaft!“. Kosten: fast 50.000 Euro.
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Auch in Nordrhein-Westfalen listete der Verband zwölf Fälle auf. Einer davon hat seinen Ursprung 2018, als der Steuerzahlerbund in Nordhrein-Westfalen Pläne der Stadt Mohnheim kritisiert hatte, die den Bau eines künstlichen Geysirs in einem Kreisverkehr vorsahen. Im April dieses Jahres startete die Stadt dennoch mit dem Bau. Doppelt ärgerlich: Denn der künstliche Geysir, der eine zwölf Meter hohe Wasserfontäne in die Luft werfen soll, kostet mit 600.000 Euro um die Hälfte mehr als ursprünglich geplant. In welchem Rhythmus der Geysir ausbrechen soll, verriet die Stadt Mohnheim auf Nachfrage des Steuerzahlerbundes nicht. Die hinter dem Geysir stehende künstlerische Idee beruhe auf der Unberechenbarkeit von Naturphänomenen, hieß es.
Risiko Staatswirtschaft
Erstmals widmet der Verbund der Staatswirtschaft ein eigenes Kapitel. Anlässe dafür gibt es genug, denn die Staatswirtschaft ist nicht erst mit der Corona-Krise gewachsen, bereits vorher nahm die Zahl öffentlicher Unternehmen und Beteiligungen zu. Der Steuerzahlerbund äußert neben Kritik auch Lösungsvorschläge. So rät er zu einer „Beteiligungsbremse“ sowie zu mehr Transparenz. Nur so könnten Bürger und Abgeordnete die Verwaltung kontrollieren und sich ein Bild davon machen, welche Risiken eingegangen werden. Zudem sollten Begriffe wie „Gemeinwohlauftrag“ und „Daseinsvorsorge“ klarer definiert und Beteiligungsberichte nach einheitlichen und vergleichbaren Standards erstellt werden.
Neben dem Buch listet der Verein viele Fälle auf seiner multimedialen Rechercheplattform auf. Das Material dafür wird dem Steuerzahlerbund in Zeiten von massivem Staatsausbau und frisch gepreßtem Geld aller Wahrscheinlichkeit nach nicht ausgehen. Vielleicht erscheint das 49. „Schwarzbuch“ dann auch wieder zu einer Zeit, in der man die Fälle von Steuergeldverschwendungen mit mehr Humor nehmen kann.