ERFURT. Die frühere Ministerpräsidentin von Thüringen, Christine Lieberknecht (CDU), steht nicht mehr als Interimsregierungschefin zur Verfügung. „Ich bin aus der Debatte raus“, sagte sie der Thüringer Allgemeinen. „Ich stand nur für die Lösung von Bodo Ramelow zur Verfügung.“
Ramelow (Linkspartei) hatte vorgeschlagen, Lieberknecht nach der Auflösung des Landtags zur Ministerpräsidentin zu wählen. Danach hätte seine Amtsvorgängerin Neuwahlen binnen 70 Tagen vorbereiten sollen. Zudem wäre sie den Plänen zufolge von einem aus rot-rot-grünen Politikern bestehenden Rumpfkabinett eingerahmt worden.
Lieberknecht: Widerspruch ließ sich nicht auflösen
Doch daraus wird nun nichts. „Der Widerspruch mit der CDU, die keine schnellen Neuwahlen will, läßt sich nicht auflösen“, gab Lieberknecht als Begründung für ihren Rückzug an. Die CDU hatte eine längere Amtsdauer von Lieberknecht gefordert sowie ein voll handlungsfähiges Expertenkabinett.
Lieberknecht forderte nun gegenüber der Bild-Zeitung eine Koalition aus Linkspartei und CDU. „Ja. Es geht nicht anders. Wir müssen in einer solchen Lage für stabile Verhältnisse sorgen. Eine Tolerierung von Rot-Rot-Schwarz reicht nicht, wir müssen auch mit der Linken koalieren, aktiv zusammenarbeiten.“
Kritik am Verhalten der CDU kam von SPD-Landeschef Wolfgang Tiefensee. „Die CDU hat mit ihrem gestrigen Vorschlag das Ramelow-Angebot pervertiert und damit verantwortungslos provoziert“, schrieb der frühere Bundesverkehrsminister auf Twitter. SPD-Bundesparteichef Norbert Walter-Borjans nannte das Vorgehen der CDU „prinzipienlos und überheblich“. Am heutigen Mittwoch sollen die gestern ergebnislos abgebrochenen Gespräche über eine politische Lösung der Situation in Thüringen weitergeführt werden. Derzeit ist der am 8. Februar zurückgetretene FDP-Politiker Thomas Kemmerich noch geschäftsführend und ohne Kabinett im Amt.
Bürgerbündnis ruft zu Demo „für demokratisches Thüringen“ auf
Das „Bündnis Bürger für Thüringen“ hat unterdessen zu einer Kundgebung „für ein freiheitliches und demokratisches Thüringen“ in Erfurt aufgerufen. Wenn die Bundeskanzlerin sowie Parteivorsitzende und Ministerpräsidenten anderer Bundesländer dazu auffordern, Wahlen rückgängig zu machen, „dann hat die Demokratie, die in den Jahren vor der politischen Wende unter großen persönlichen Opfern erkämpft wurde, einen schwer wiedergutzumachenden Schaden erlitten“, heißt es in einem Aufruf zu der Demonstration.
Die gesellschaftliche Mitte sei in Gefahr. Sowohl die Linkspartei als auch die AfD haben dazu beigetragen, „daß die Mitte der Gesellschaft von den politischen Rändern erdrückt wird“. Das Bündnis sei nicht bereit, „dies als Zukunftsperspektive für die Menschen in Thüringen zu akzeptieren. Wir setzen uns dafür ein, daß Wahlen in Deutschland weiterhin frei und geheim bleiben. Wir setzen uns dafür ein, daß Menschen auf dem Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung weiterhin öffentlich ihre Meinung äußern können – ohne dabei Angst haben zu müssen, zwischen den politischen Rändern zerrieben zu werden.“ (tb/ls)