KÖLN. Der ehemalige Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, hat vor einer weiteren Gefährdung der Stabilität der Demokratie in Deutschland gewarnt. Dies sei in seinen Augen eine der größten Herausforderungen, vor denen dieses Land stehe, sagte er am Sonnabend vor rund 150 Zuhörern in Köln.
Maaßen nahm an einer Veranstaltung der Werte-Union teil, des Zusammenschlusses konservativer Mitglieder von CDU und CSU. Es war der erste öffentliche Auftritt des früheren Verfassungsschutz-Chefs vor einem größeren Publikum seit seiner Entlassung im November vergangenen Jahres. „Ohne Sicherheit gibt es keine Freiheit“, zitierte er Wilhelm von Humboldt. Die Sicherheit habe eine dienende Funktion, sie müsse zudem hart erarbeitet werden.
Jeder Konflikt auf der Welt habe direkte Auswirkungen auf Deutschland
„Wenn wir nichts verändern, wird sich die Lage in Deutschland erheblich verschlechtern“, appellierte Maaßen in Richtung Politik. Deutschland habe verlernt, für sich und seine Souveränität selbst zu sorgen und sich in einer „wohlig-warmen Stubenatmosphäre“ eingerichtet. Außenpolitisch müßten Europa und Deutschland aufpassen, nicht zu „tributpflichtigen Hintersassen“ anderer Mächte zu werden, mahnte Maaßen mit Blick zum Beispiel auf ein „imperial-hegemoniales“ Auftreten Chinas. Im übrigen habe mittlerweile jeder Konflikt auf der Welt direkte Auswirkungen auf Deutschland – nicht zuletzt in Form von Migration oder Terrorismus.
Maaßen kritisierte in diesem Zusammenhang die Geringschätzung für das Militär und die Sicherheitskräfte. Einen besonderen Fokus richtete der frühere Präsident des Verfassungsschutzes auf die Einwanderngskrise. Ihm als früherem Mitarbeiter des Bundesinnenministeriums, der in den neunziger Jahren an der Ausarbeitung des Aufenthaltsgesetzes beteiligt war, habe die Situation des Jahres 2015 „Schüttelfrost“ bereitet, schilderte Maaßen.
Das Gesetz habe zum vorrangigen Ziel, den Zuzug von Ausländern nach Deutschland „zu steuern und zu begrenzen“. Dieses Ordnungsrecht diene dem Schutz der deutschen Bevölkerung, auch beispielsweise wenn diese sich vor Straftaten durch Zuwanderer sorge, betonte der Jurist. Die Fehler von 2015 wirkten fort und würden in Teilen wiederholt.
Hans-Georg Maaßen: „Viele Bürger haben Angst ihre Meinung frei zu äußern, weil sie Angst haben in eine rechte Ecke gestellt zu werden. Wenn man seine Meinung nicht mehr frei äußern kann, dann haben wir ein echtes Demokratieproblem!“ #WerteUnion #Köln
— Reddig (@SebastianReddig) February 16, 2019
Beunruhigt über Radikalisierung an politischen Rändern
Beunruhigt sei er vor allem über eine Radikalisierung und Polarisierung an allen politischen Rändern, führte Maaßen weiter aus. Ihr gegenüber stehe eine genauso problematische „Rigorosität des Mainstreams“. Besonders die berechtigten Sorgen von Bürgern im Osten der Bundesrepublik sei von Berufspolitikern nicht ernst genommen worden. Es fehle die Bereitschaft, diesen Bürgerwillen in praktische Politik umzusetzen. Hier sieht Maaßen eine wachsende Entfremdung zwischen Wahlvolk und Politikern.
Flankiert werde dies von einer schwerwiegenden Vertrauenskrise in die Medien.
Problematisch ist in den Augen des ehemaligen Spitzenbeamten Maaßen auch das Loyalitätsverständnis in Deutschland. Dieses sei häufig Personen- oder Parteienbezogen. „Aber die Loyalität zu Verfassung und Recht muß weitergehend sein“, forderte er.
Die Lage, so schlußfolgerte der Jurist, sei indes nicht „gottgegeben“, notwendig sei es, gestaltend Einfluß für ein demokratischen Miteinander zu nehmen – „man muß den Willen dazu aufbringen“. Maaßen wollte unterdessen weder zu den Umständen seiner Entlassung noch zu seiner beruflichen Zukunft Stellung nehmen. „Für Teile der Linken und Grünen war ich lange das fleischgewordene Feindbild“. Nun sei sein Platz zunächst am Rand des Spielfelds. (vo)