BERLIN. Die AfD attackiert Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier für seine Aussage, die Alternative für Deutschland sei keine bürgerliche Partei. „Ein Bundespräsident sollte sich nicht in die Parteipolitik einmischen“, sagte der AfD-Vorsitzende Alexander Gauland der JUNGEN FREIHEIT. „Er ist der Bundespräsident für alle Parteien und für alle Deutschen.“
Der Co-Vorsitzende der AfD, Jörg Meuthen, bezeichnete die Äußerung Steinmeiers als „Unfug“. Der Bundespräsident verlasse damit seine Rolle, die parteipolitisch neutral zu sein habe. Zugleich erinnerte er an Steinmeiers Aufruf zu einem Konzert der linksextremen Musikgruppe „Feine Sahne Fischfilet“. Das sei wohl eher ein Beleg, daß es ihm an wahrer Bürgerlichkeit mangele, betonte er gegenüber der FAZ.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hatte der AfD zuvor abgesprochen, eine bürgerliche Partei zu sein. „Man reibt sich doch ein wenig die Augen“, sagte der frühere SPD-Kanzlerkandidat dem Spiegel mit Blick auf die Äußerungen von AfD-Chef Alexander Gauland. Dieser hatte nach den jüngsten Landtagswahlen betont, seine Partei sei auf dem Weg, die führende bürgerliche Volkspartei zu werden. In Brandenburg sei sie es sogar schon.
Dem widersprach Steinmeier: Bürgertum, Rechtsstaat und individuelle Freiheitsrechte gehörten zusammen, mahnte er. „Wer sich in dieser Tradition sieht, der kann nicht gleichzeitig einem ausgrenzenden, autoritären oder gar völkischen Denken huldigen. Das ist das Gegenteil von bürgerlich: Es ist antibürgerlich.“
„Frust kein Freifahrtschein für Menschenfeindlichkeit“
Jede Partei müsse sich entscheiden, wo sie stehen wolle: „entweder völkisch kollektivistisch oder aufgeklärt bürgerlich. Beides gleichzeitig geht nicht.“ Die eigene Bürgerlichkeit könne man durch die Verteidigung der Freiheit, die Anerkennung des Individuums und den Respekt vor Andersdenkenden zeigen, erläuterte der Bundespräsident. „Um diese Haltung geht es.“ Zwar lebe die Demokratie von der Kontroverse und brauche auch den Streit. „Aber Frust ist kein Freifahrtschein für Menschenfeindlichkeit.“
Zugleich beklagte Steinmeier, er vermisse bei der Großen Koalition einen entschiedenen Kampf gegen Rechtsextremismus. Die Regierungsparteien unterschätzten zwar die rechtsextreme Gefahr nicht. „Aber beide Volksparteien befinden sich nicht erst seit Beginn der Großen Koalition in Diskussionen über ihre politische Führung, über Strategie und inhaltliche Orientierung. Das raubt ihnen Kraft, Zeit und Energie für notwendige Debatten in einer Öffentlichkeit, die zu Recht hohe Erwartungen an die Problemlösungskompetenz einer Regierung stellt.“ (krk)