DÜSSELDORF. Der frühere Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Hans-Jürgen Papier, sieht die föderale Ordnung in Deutschland gefährdet. „Laut Verfassung müssen die Bundesländer eine Eigenstaatlichkeit besitzen und dürfen nicht nur bloße Verwaltungsprovinzen des Bundes sein“, stellte er im Interview mit dem Handelsblatt klar.
Dieser „Kerngehalt des Grundgesetzes“ falle sogar unter die „Ewigkeitsgarantie“ und sei somit nicht veränderbar. In der täglichen Politik werde der Föderalismus aber vielfach als Hindernis gesehen, vor allem in der Bildung, kritisierte er.
Finanzausstattung der Länder verbessern
Es sei eine schleichende Entwicklung, daß der Bund zunehmend in Kompetenzbereiche der Bundesländer vordringe. Die hätten „aus fiskalischen Gründen nichts dagegen“. Papiers Botschaft: „Man muß davor warnen, daß sich die bundesstaatliche Ordnung allmählich auflöst.“ Wenn die Länder dauerhaft unterfinanziert seien, müsse deren Finanzausstattung verbessert werden, etwa durch eine Änderung des Anteils am Umsatzsteueraufkommen.
Auch zur Debatte um Wohnungsenteignungen, die Grüne und Jusos angestoßen hatten, nahm Papier Stellung. „Ökonomen mögen solche Vorschläge als Ausdruck einer gewissen Lernunfähigkeit mit Blick auf die Geschichte sozialistischer Wirtschaftsordnungen werten“, sagte er. Auch aus juristischer Sicht seien solche Forderungen nicht hinreichend durchdacht. Es bleibe dabei, daß das Grundgesetz „kein System der Zentralverwaltungs- oder Planwirtschaft“ zulasse. (tb)