ROM/REGENSBURG. Papst Franziskus hat in einem Brief an die Katholiken in Deutschland eine „zunehmende Erosion und den Verfall des Glaubens“ hierzulande beklagt. Schmerzlich sei es festzustellen, daß im Ostteil Deutschlands ein Großteil der Bevölkerung nicht getauft sei und keinerlei Kontakt mehr zur Kirche habe und oftmals nicht mehr wisse, wer Jesus Christus ist. Mit Blick auf einen Satz seines Vorgängers Benedikt XVI. beklagte Papst Franziskus, daß auch in traditionell katholischen Gebieten ein „drastischer Rückgang der Besucher der Sonntagsmesse sowie beim Empfang der Sakramente“ festzustellen sein.
In seinem Schreiben „An das pilgernde Volk Gottes in Deutschland“ rief der Papst aus Argentinien dazu auf, die katholische Kirche müsse mehr „Biß“ haben, um die „Seele“ des Evangeliums mit Leben zu füllen. „Sonst würden wir nur ein gasförmiges, vages Christentum leben.“ Es ist das erste Mal seit fünfzig Jahren, daß sich ein Papst in einem Brief direkt an die deutschen Katholiken gewandt hat.
Regensburg mahnt Umdenken bei Neuausrichtung an
Franziskus warnte davor, voreilige Antworten auf die Krise der Kirche zu geben: „Die Grundlage dieser Versuchung ist der Gedanke, die beste Antwort angesichts der vielen Probleme und Mängel bestehe in einem Reorganisieren der Dinge, in Veränderungen und in einem ’Zurechtflicken‘, um so das kirchliche Leben zu ordnen und glätten, indem man es der derzeitigen Logik oder jener einer bestimmten Gruppe anpaßt.“ Immer müsse die Evangelisierung „unser Leitkriterium schlechthin“ sein und die Weltkirche ihre Einheit bewahren.
In Reaktion auf den Papst-Brief hat das als konservativ geltende Bistum Regensburg ein Umdenken bei der geplanten Neuausrichtung der Kirche gefordert. Ein „Weiter so“ könne es nach dem „dramatischen Brief“ nicht geben, schrieb der Generalvikar des Bistum, Michael Fuchs, am Samstag. Der synodale Prozeß, den die deutschen Bischöfe in ihrer Frühjahrsvollversammlung beschlossen hatten, könne nicht so wie geplant stattfinden: „Weder in dem Inhalt nach noch in der Form.“ Im März waren die deutschen Bischöfe darin übereingekommen, mit Laiengremien das Gespräch zu suchen und über Veränderungen bei der verpflichtenden Ehelosigkeit der Priester oder der Weihe von Frauen zu geistlichen Ämtern zu beraten.
2017 verlor die katholische Kirche in Deutschland durch Tod und Austritt 167.500 Mitglieder. Unterdessen hat die von Rom getrennte Priesterbruderschaft St. Pius X. am heutigen Samstag im niederbayerischen Zaitzkofen unweit Regensburg zwei Diakone zu Priestern geweiht. (ru)