BERLIN. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat betont, sein Land schütze mit einer restriktiven Politik an seinen Grenzen auch Deutschland. „Unser strategisches Ziel ist es, Europa zu schützen und den freien Markt innerhalb des Schengen-Raumes zu garantieren“, bekräftigte er am Donnerstag nach einem Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) in Berlin.
Die Regierungschefs betonten, Berlin und Budapest würden trotz Meinungsverschiedenheiten beim Thema Einwanderung weiterhin gut und freundschaftlich zusammenarbeiten. Das Handelsvolumen zwischen beiden Ländern betrage 50 Milliarden Euro pro Jahr und solle weiter ausgebaut werden. Das seien „fantastische Zahlen“, zeigte sich Orbán erfreut. Merkel lobte das investitionsfreundliche Klima in Ungarn und stellte fest, Deutschland könne von dem Land einiges lernen, insbesondere hinsichtlich eines einfachen Steuersystems.
Beide Regierungschefs kündigten zudem an, man plane im kommenden Jahr gemeinsame Jubiläumsfeierlichkeiten anläßlich des 30. Jahrestages der Öffnung der Grenze zwischen Ungarn und Österreich. „Deutschland wird nie vergessen, daß dies ein wichtiger Schritt auf dem Weg in die Freiheit war“, dankte Merkel. Orbán sagte, Deutschland und Ungarn hätten seitdem ein gemeinsames Bündnis für die Einheit und Freiheit Europas gebildet.
Lob für deutsche Minderheit in Ungarn
Der Premier erwähnte zudem, daß Ungarn das einzige Land außerhalb des deutschen Sprachraums sei, in dem „vom Kindergarten bis zur Universität“ Deutsch gelehrt und gesprochen werde. Er lobte in diesem Zusammenhang auch die Rolle der deutschen Minderheit in seinem Land, die seine Regierung weiterhin fördern werde.
Kritisch merkte Orbán jedoch an, es schmerze ihn, „wenn uns aus Deutschland fehlende Solidarität vorgeworfen wird“. Ungarn schütze an sieben Tagen die Woche rund um die Uhr mit bewaffneten Einheiten seine Grenze nach Süden. „Wären die nicht da, würden trotz des EU-Türkei-Abkommens täglich 4.000 Migranten nach Deutschland kommen. Das ist ernstzunehmende Solidarität“, betonte er.
„Humane Migrationspolitik heißt für uns, daß es keine Pull-Faktoren geben darf“
Daß sich sein Land weigere, abgelehnte Asylbewerber beispielsweise aus Deutschland zurückzunehmen, rechtfertigte Orbán mit dem Hinweis, daß die Betreffenden die EU nicht in Ungarn erstmals betreten hätten, sondern in Griechenland. Deswegen sei seiner Ansicht nach Athen zuständig. „Das Problem ist, daß viele von ihnen in Griechenland nicht registriert würden“, beklagte Orban. Merkel dagegen wies darauf hin, daß Ungarn eine Schengen-Außengrenze (nach Serbien) habe, und demnach auch laut Dublin-Regeln für in Ungarn registrierte Flüchtlinge zuständig sei.
Eine humane Migrationspolitik wollten beide, die Bundesrepublik wie Ungarn. Nur die Frage „wie?“ beantworte man unterschiedlich, stellte Orbán fest. „Humane Migrationspolitik heißt für uns, daß es keine Pull-Faktoren geben darf.“ Dies erreiche man nur durch eine konsequente Schließung der Grenzen, betonte der ungarische Regierungschef. „Wir wollen keine Probleme importieren!“ (vo)