BERLIN. Der frühere Außenminister Sigmar Gabriel (SPD) hat seiner Partei Naivität in der Flüchtlingspolitik vorgeworfen. Er könne für sich in Anspruch nehmen, nach 2015 als damaliger SPD-Chef und Vizekanzler die Schattenseiten der hohen Zahl von Asylbewerbern benannt zu haben, sagte Gabriel den Zeitungen der Funke-Mediengruppe.
„Darauf habe ich sehr früh hingewiesen und zu Realismusaufgefordert.“ Seinerzeit habe es viel Kritik dafür aus der SPD gegeben, „weil die Stimmung damals eine relativ unpolitische und naive war. Dort liegen unsere eigentlichen Fehler.“
Schily: Schwerwiegender Fehler
Gabriel lobte die neue Parteivorsitzende Andrea Nahles für ihren Satz „Wir können nicht alle aufnehmen.“ Er freue sich, „daß die Parteivorsitzende der SPD mittlerweile einen wesentlich unideologischeren Zugang zu dem Thema hat. Das war nicht immer so.“ Er könne nur allen raten, „sich die Lebenswirklichkeit im Land sehr aufmerksam anzuschauen“.
Im Herbst 2015 hatte Gabriel noch betont, Deutschland könne „für einige Jahre“ jedes Jahr eine halbe Million Asylbewerber aufnehmen. „Ich habe da keine Zweifel – vielleicht auch mehr“, sagte er damals dem ZDF.
Auch der ehemalige Bundesinnenminister Otto Schily (SPD) meldete sich in der Debatte zu Wort. Auch aus der Sicht der Situation von 2015 sei es ein „schwerwiegender Fehler“ gewesen, Asylbewerber „unter Verstoß gegen geltende gesetzliche Vorschriften einreisen zu lassen“, sagte Schily der Bild-Zeitung. „Wer Hunderttausende von Migranten unkontrolliert in unser Land einreisen läßt, muß sich nicht wundern, wenn die Lage innerhalb unseres Landes mindestens partiell außer Kontrolle gerät.“ (tb)