FRANKFURT/MAIN. Am Donnerstag ist ein weiterer Abschiebeflug mit 27 Afghanen an Bord in Kabul gelandet. Sie wurden mit einem von der Bundesregierung gecharterten Flugzeug von Frankfurt am Main aus in ihr Heimatland zurückgeflogen, berichtete die Nachrichtenagentur dpa. Das ist die größte Gruppe seit dem zweiten Abschiebeflug im Januar, als 26 abgelehnte Asylbewerber nach Afghanistan zurückgebracht worden waren.
Die Mehrzahl der von etwa 60 bis 70 Polizisten begleiteten Flüchtlinge lebte demnach in Bayern, andere in Hessen, Baden-Württemberg, Sachsen und Hamburg. Zum ersten Mal sollen auch zwei sogenannte Gefährder an Bord gewesen sein – Menschen, denen die Behörden Terroranschläge zutrauen.
Bundesinnenminister verteidigt die Abschiebungen
Am Frankfurter Flughafen hatten am Abend rund 500 Demonstranten gegen die Maßnahme protestiert. Sie zeigten Plakate mit der Aufschrift „Kein Mensch ist illegal“ und riefen in Sprechchören: „Um Europa keine Mauer, Bleiberecht für alle und auf Dauer“.
Bundesinnenminister Thomas de Maizière hingegen verteidigte die Abschiebungen. „Gefährder, Straftäter und hartnäckige Mitwirkungsverweigerer“ könnten auch nach Afghanistan abgeschoben werden, betonte er. Es bleibe damit bei der Linie, die er mit Außenminister Sigmar Gabriel besprochen habe. „Das ist auch richtig so.“
Auf afghanischer Seite gab es keine besonderen Maßnahmen. „Hier ist niemand der Polizei übergeben worden“, sagte der Leiter der Beobachtungsgruppe im Flüchtlingsministerium, Faisurrahman Chadam. „Wir fertigen die Passagiere ab wie üblich. Sie gehen alle nach Hause.“
Piloten weigern sich Abschiebungen durchzuführen
Zuvor war bekannt geworden, daß sich Piloten zwischen Januar und September in 222 Fällen geweigert hatten, Abschiebungen durchzuführen. 107 Mal geschah dies am Flughafen Frankfurt am Main, 40 Mal in Düsseldorf und 32 Mal in Hamburg. Davon seien in 108 Fällen die Lufthansa sowie ihre Tochtergesellschaften Eurowings, Germanwings und Austrian Airlinees betroffen gewesen, berichtete die Westdeutsche Allgemeine Zeitung.
Deutschland hatte im vergangenen Jahr ein Rückführungsabkommen mit Afghanistan geschlossen. Im Dezember 2016 wurde mit ersten Sammelabschiebungen begonnen. Abschiebungen in das Krisenland werden wegen der dortigen Sicherheitslage häufig kritisiert. Nach einem massiven Bombenanschlag auf die deutsche Botschaft in Kabul im Mai hatten Bund und Länder Abschiebungen auf Straftäter, Gefährder und sogenannte Identitätstäuscher beschränkt. (ha)