BERLIN. Das Bundesinnenministerium hat bisherige Angaben über das mögliche Ausmaß des Familiennachzugs bei Flüchtlingen zurückgewiesen. „Wissenschaftlich belegbare Zahlen, wie viele Familienangehörige der Kernfamilie im Schnitt zu einem in Deutschland anerkannten international Schutzberechtigten nachziehen, gibt es nicht“, erklärte die Behörde auf eine schriftliche Frage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke.
In der Antwort des Innenressorts heißt es zudem, Nachzugsfaktoren könnten nicht mit der Zahl der erteilten Visa zum Familiennachzug begründet werden. Die Zahl solcher Visa sei auch nur aussagekräftig mit Blick auf jene, die von ihrem Zuzugsrecht tatsächlich Gebrauch machten.
Zahlen gehen weit auseinander
Zuvor hatten Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) bisherige Zahlen zum Familiennachzug als zu hoch eingeschätzt. In einer Studie sprachen sie von 120.000 Menschen, die sich im Ausland aufhalten und ihren Verwandten legal nach Deutschland folgen könnten. Die Wissenschaftler nutzten Daten des Ausländerzentralregisters, des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge und des Auswärtigen Amts.
Andere Berichte gehen von deutlich höheren Zahlen aus. Die Bild-Zeitung schrieb von allein 390.000 Syrern, die ihre Familien nach Deutschland holen wollen. Das Auswärtige Amt geht von rund 270.000 Angehörigen von Syrern und Irakern aus, die sich um eine Einreise bemühen. Innenminister Thomas de Maizière (CDU) sprach von einer „gewaltigen Zahl“.
Streitthema in den Sondierungsgesprächen
Die Frage des Familiennachzugs für Flüchtlinge mit subsidiärem Schutzstatus zählt zu den Streitthemen in den Gesprächen zwischen Union, FDP und Grünen. Die Parteien wollen am Freitag erstmals in großer Runde die Chancen für eine Jamaika-Koalition sondieren.
Asylsuchende, die in Deutschland Schutz bekommen, dürfen Ehepartner und minderjährige Kinder zum Teil nachholen. Für eine bestimmte Gruppe mit eingeschränktem Schutzstatus, subsidiär Geschützte, hatte die große Koalition den Familiennachzug im März 2016 beschränkt und bis März 2018 für zwei Jahre ausgesetzt.