Die Amadeu-Antonio-Stiftung hat einen Mythos ausgemacht: den vom „übergriffigen Fremden“. Mit einer unter anderem vom Bundesfamilienministerium geförderten Handreichung wollen die staatlich anerkannten Rechtsextremismusexperten deswegen nun „die perfide Argumentation und die Stereotypisierung des ‘Fremden’ als Täter sexueller Gewalt gegen Frauen und Kinder“ aufdecken und somit „einen wichtigen Beitrag zum Demokratieverständnis und zu einem menschenwürdigen, toleranten und freiheitlichen Miteinander“ leisten.
Schließlich würden mit dem Mythos des gefährlichen Flüchtlings „koloniale, rassistische und sexistische Denkmuster vermengt und Hetze gegen Geflüchtete betrieben“ und gleichzeitig eine „vermeintlich offene und nicht-patriarchale deutsche Mehrheitsgesellschaft konstruiert“.
Polizei bedient rassistsiche Stimmungsmache
Flüchtlinge, die Frauen sexuell belästigten oder attackierten, seien eher die Ausnahme. In den meisten Fällen handle es sich lediglich um Gerüchte, weiß die Stiftung zu berichten. Diese erhielten dadurch neue Nahrung, daß Polizei und Medien rassistische Stimmungsmache bedienten, weil diese Formulierungen wie „südländisch“ oder „nordafrikanisch“ bei der Täterbeschreibung verwendeten.
„Wenn Verbrechen einem ‘Typ Nordafrikaner’ angelastet werden, dann trägt diese Pauschalisierung dazu bei, bestehende Ressentiments, Rassismus und den Haß auf Flüchtlinge zu bestärken“, warnen die Autoren der Handreichung. Notwendig sei daher eine Sensibilisierung für solchen Rassismus und die Reflexion darüber, wie eigenes Handeln durch Stereotypisierungen beeinflußt werde. Die Beamten müßten deshalb in ihren sozialen, kommunikativen und interkulturellen Kompetenzen gestärkt werden.
Doch obwohl sexuelle Übergriffe von Asylsuchenden im großen und ganzen eher die Ausnahme seien, erregten diese Fälle viel größere Aufmerksamkeit als „die anhaltend hohen Zahlen sexualisierter Übergriffe auf Frauen durch weiße deutsche Männer“. Dies beweise, daß es sich „um einen Mechanismus der Verdrängung und Projektion“ handle.
Alles Lüge
Die von „Flüchtlingsfeinden“ verbreiteten Berichte über sexuelle Gewalt von Ausländern seien in der Regel frei erfunden. Neonazis und Rechtspopulisten wollten zudem durch die Instrumentalisierung der Taten Ängste schüren und ihre rassistischen Weltbilder propagieren. Um ihre menschenverachtende Ideologie zu verbreiten, griffen sie daher auf Lügen zurück.
Doch es gebe ein Mittel gegen eine solche rassistische Mobilisierung, schreibt die Amadeu-Antonio-Stiftung: „breite Bündnisse“ – vor allem solche zwischen „feministisch, antisexistisch und antirassistisch Engagierten“. Es sollten möglichst viele Personen und Verantwortliche aus Kirchengemeinden, Sportvereinen, Betrieben und der Lokalpolitik mit einbezogen werden. Bürgermeister müßten sich öffentlich gegen stereotype Bilder von Flüchtlingen aussprechen.
Wenn hingegen Ängste vor sexuellen Übergriffen durch Flüchtlingen bedient würden, zum Beispiel von der Politik, sei dies kontraproduktiv.
JF 7/16