BERLIN. Der sächsische CDU-Generalsekretär Michael Kretschmer hat dem Vorwurf widersprochen, Sachsen habe größere Probleme mit Rechtsextremismus als andere Bundesländer. „Sachsen hat mit dem Landtagseinzug der NPD 2004 dem Rechtsextremismus den Kampf angesagt und das insoweit erfolgreich, als daß die NPD heute nicht mehr im Parlament vertreten ist“, sagte Kretschmer der JUNGEN FREIHEIT.
Trotzdem würden rechtsextreme Tendenzen im Freistaat auch weiter konsequent bekämpft. Dies sei politischer Konsens, betonte Kretschmer und reagierte damit auf entsprechende Äußerungen des Präsidenten der Bundeszentrale für politische Bildung, Thomas Krüger.
Dieser hatte zuvor im Interview mit der Berliner Zeitung beklagt, in Sachsen gebe es „verfestigte organisierte rechtsextreme Strukturen, die so in vielen anderen vor allem westlichen Bundesländern nicht bestehen“. Diese seien auch bei den Protesten gegen Asylbewerber in Heidenau mobilisiert worden.
„Freistaat hat Rechtsextremismus im Blick“
Gleichzeitig monierte Krüger, Sachsen habe bei der politischen Bildung Nachholbedarf: „Der Freistaat Sachsen sollte sich noch mal die Studie der Konrad-Adenauer-Stiftung angucken, die politische Bildung in den Schulen der Bundesländer miteinander vergleicht und leider feststellt, daß Sachsen da am Schluß steht. Sachsens Zukunft hat nicht nur mit dem Ingenieurs-Gen zu tun, sondern auch mit Basis-Kompetenzen, wie man mit den Herausforderungen einer Gesellschaft von heute umgeht.“
Dies wies Kretschmer zurück. Sachsen habe keine Defizite bei der politischen Bildung. „Pauschale Wertungen, die von weit entfernt getroffen werden, sind hier wenig hilfreich“, kritisierte der CDU-Generalsekretär.
Auch der sächsische CDU-Landtagsabgeordnete Alexander Krauß wies Krügers Äußerungen als überzogen zurück: „Von der Bundeszentrale für politische Bildung brauchen wir keine Nachhilfe. Sachsen hat eine Landeszentrale für politische Bildung, die eine sehr gute Arbeit leistet“, sagte Krauß der JF. Auch in den Schulen würde sich intensiv mit dem Rechtsextremismus auseinandergesetzt. „Es gibt seit Jahren Fördermittel für Vereine, die sich kritisch mit extremistischen Bestrebungen befassen. Der Freistaat Sachsen hat den Rechtsextremismus seit Jahren im Blick – wenn auch noch lange nicht alle Probleme gelöst“, ergänzte der CDU-Politiker.
Es sei allerdings richtig, daß es in Sachsen eine größere rechtsextreme Szene gebe als in den meisten alten Bundesländern. Und auch die NPD sei nach ihrem Ausscheiden aus dem Landtag noch aktiv, auch wenn die Partei sich im Niedergang befinde.
AfD: „Krügers Äußerungen zeugen von fachlicher Inkompetenz“
Die sächsische AfD-Chefin Frauke Petry widersprach Krüger ebenfalls deutlich. „Sachsen benötigt keinen politischen Nachhilfeunterricht von Herrn Krüger! Gerade die Landeszentrale für politische Bildung in Sachsen hat in den letzten Monaten gezeigt, daß politische Kontroversen demokratisch und friedlich geführt werden müssen, wenn gesellschaftliche Probleme gelöst werden sollen“, erläuterte Petry, die auch AfD-Bundesvorsitzende ist, gegenüber der JF.
„Krügers Äußerungen zu politisch extremen Gruppierungen zeugen zudem von fachlicher Inkompetenz, wenn er nicht weiß, daß es in ganz Deutschland, zum Beispiel auch in Nordrhein-Westfalen oder Mecklenburg-Vorpommern rechtsextreme Strukturen gibt“, ergänzte Petry. Hier seien alle demokratischen Politiker aufgerufen, politisch sensible Themen offen und ehrlich mit den Bürgern zu diskutieren. „Genau dies haben aber die Vertreter nahezu aller Parteien seit Jahren versäumt.“ (krk)