BERLIN. Die Bundesregierung erwartet für dieses Jahr bis zu 750.000 Asylbewerber in Deutschland. Dies sind 300.000 Personen mehr als im bisherigen Rekordjahr 1992, berichtet das Handelsblatt unter Berufung auf Regierungskreise. Ursprünglich war die Bundesregierung für 2015 von 300.000 Asylbewerbern ausgegangen. Bereits jetzt leben in der Bundesrepublik mehr als eine Million Asylanten.
Angesichts des Asylansturms warnen nun auch die Vereinten Nationen vor einer Überforderung Deutschlands. „Wir müssen die Verantwortung auf mehr Schultern in Europa verteilen. Es ist langfristig nicht tragbar, daß nur zwei EU-Länder – Deutschland und Schweden – mit leistungsfähigen Asylstrukturen die Mehrheit der Flüchtlinge aufnehmen“, sagte der Flüchtlingskommissar der Vereinten Nationen, Antonio Guterres, der Welt.
UN sieht Deutschland überfordert
Zugleich betonte der UN-Funktionär jedoch, die Staaten in Europa hätten mit Blick auf die steigenden Asylbewerberzahlen die „moralische Pflicht, sie willkommen zu heißen, und sie haben die eindeutige gesetzliche Verpflichtung, sie zu schützen“. Auch in anderen Ländern spitzt sich die Lage zu.
In Österreich haben sich ÖVP, SPÖ und die Grünen darauf geeinigt, die Mitsprache der Bürgermeister und Gemeinden bei der Errichtung neuer Asylcamps drastisch zu beschneiden. Künftig bekommt der Bund dort ein „Durchgriffsrecht“. In dem Gesetzentwurf heißt es: „Jede Gemeinde hat im Bedarfsfall die erforderliche Anzahl von Plätzen für die Unterbringung von hilfs- und schutzbedürftigen Fremden bereitzuhalten.“ Die Asylzahlen sollen dabei mindestens 1,5 Prozent der Wohnbevölkerung ausmachen. Bisher konnten die Kommunen selbst entscheiden, wo neue Unterkünfte gebaut werden.
Österreich: Rechte der Bürgermeister werden eingeschränkt
Das österreichische Innenministerium richtete sich in einer Mitteilung direkt an die Bevölkerung. „Unter Einsatz all unserer Kräfte versuchen wir das System Grundversorgung am Laufen zu halten und stoßen dabei immer mehr an unsere Grenzen.“ Leider seien diese Bemühungen immer wieder auf „Widerstand gestoßen“. Deswegen seien alle Österreicher aufgefordert, Ausschau nach weiteren möglichen Asylunterkünften zu halten.
Scharfe Kritik kam von der FPÖ. Parteichef Heinz-Christian Strache forderte die Regierung auf, die Bürger über die Gesetzesänderung in einer Volksabstimmung entscheiden zu lassen. Konservative, Sozialdemokraten und Grüne lehnen dies allerdings strikt ab.
Laut einer aktuellen Umfrage kann die FPÖ derzeit auf 29 Prozent der Stimmen hoffen. Damit wäre sie vor SPÖ (23 Prozent) und ÖVP (22 Prozent) stärkste Kraft im Land. (ho)