ERFURT. Der Thüringer AfD-Chef Björn Höcke hat Medienberichte zurückgewiesen, er würde sich nicht von der NPD distanzieren. „Die AfD-Fraktion wie auch der gesamte Thüringer Landesverband und ich selbst haben uns seit Gründung der AfD immer klar und deutlich von der NPD abgegrenzt“, schrieb der Politiker auf seiner Facebook-Seite.
Die Thüringer Allgemeine, die zuvor getitelt hatte „Höcke distanziert sich nicht von der NPD“, habe die „Tatsachen auf den Kopf“ gestellt, kritisierte der 43jährige. Dem Blatt hatte er gesagt: „Ich gehe nicht davon aus, daß man jedes einzelne NPD-Mitglied als extremistisch einstufen kann. Das würde in der Beurteilung etwas zu weit gehen.“
Dieser Satz hatte in der AfD für heftige Kritik gesorgt. „Die Aussagen offenbaren Höckes fehlendes politisches Urteilsvermögen“, sagte der nordrhein-westfälische AfD-Landeschef Marcus Pretzell. Die AfD-Europaabgeordnete Beatrix von Storch warnte: „Den Extremismus auch für einzelne Mitglieder der NPD in Frage zu stellen, hat in der AfD keinen Platz.“
Kritik aus den östlichen Bundesländern
Auch in den AfD-Landesverbänden in den östlichen Bundesländern sorgten Höckes Äußerungen für Empörung. „Die NPD ist in ihrer Gesamtheit eine extremistische Partei und kein Gesprächspartner der AfD“, unterstrich der Brandenburger Landesvorsitzende Alexander Gauland gegenüber der Thüringer Allgemeinen. Seine sächsische Amtskollegin Frauke Petry monierte, Höcke habe mit seinen Äußerungen „Grenzen überschritten“.
Zur Kritik seiner Parteikollegen wollte sich Höcke nicht äußern: „Ich bitte um Verständnis, aber ich halte nichts davon, Unterhaltungen mit Parteifreunden über die Medien zu führen, daher werde ich auch nicht auf Kommentare von Parteifreunden in Zeitungen antworten, sondern bespreche das gleich persönlich oder telefonisch mit ihnen“, sagte Höcke der JUNGEN FREIHEIT. Er betonte in einer Mitteilung jedoch, die Thüringer AfD lehne „jedwede Kooperation“ mit der NPD ab. „Die NPD als Partei ist dem rechtsextremistischen Spektrum zuzuordnen. Wir lehnen jede Form von Rechts- oder Linksextremismus entschieden ab“.
Er weigere sich jedoch „Menschen von vornherein aufzugeben, auszugrenzen und sozial zu ächten, weil sie in der falschen Partei sind oder waren. Auch Anhänger extremistischer Strömungen haben einen Anspruch auf politische Resozialisierung“. Zudem sei es „falsch, sämtliche Mitglieder dieser Partei über einen Kamm scheren und ihnen nicht zuzugestehen, dass auch sie in der Lage sind, einmal gewonnene falsche Überzeugungen zu überdenken und einen politischen Lernprozess erfolgreich zu absolvieren“.
Höcke sieht NPD-Verbotsverfahren skeptisch
Was das aktuell laufende Verbotsverfahren gegen die NPD angeht, zeigte sich Höcke zurückhaltend: „Ob das der richtige Weg ist, diese Organisation wirksam zu bekämpfen, ist fraglich. Es besteht die Gefahr, daß sich dann sofort eine neue Partei gründet, die unter neuem Namen dieselben gefährlichen Inhalte verbreitet.“ Auch „namhafte Vertreter von CDU, SPD, Grünen und Linken sehen das Verbotsverfahren aus diesen Gründen kritisch, ebenso unser Parteisprecher Bernd Lucke“.
In den vergangenen Wochen hatte es immer wieder Berichte zu angeblichen Kontakten Höckes zur NPD gegeben. Der linke Blogger Andreas Kemper hatte angedeutet, der Thüringer Landeschef könne unter einem Pseudonym für NPD-Publikationen geschrieben haben. Er machte dies an ähnlichen Wortwendungen fest. Sowohl Höcke als auch die NPD wiesen die Berichte jedoch als falsch zurück. (ho)