BERLIN. Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hat mit seiner Kritik am Bundesverfassungsgericht Widerstand provoziert. „Es steht dem Bundestagspräsidenten nicht zu, das Bundesverfassungsgericht in diesem Ton zu kritisieren“, empörte sich der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen, Volker Beck.
Lammert hatte zuvor im Gespräch mit der Welt am Sonntag angeprangert, daß sich die Richter in Karlsruhe mit Blick auf die Entscheidungen zur Gleichstellung der Homo-Ehe zu stark in die Familienpolitik einmischten. „Gelegentlich ist der Eindruck entstanden, es gäbe einen Gestaltungsehrgeiz des Bundesverfassungsgerichts, der über die Aufgabe der Interpretation des Grundgesetzes hinausgeht“, monierte der CDU-Politiker.
„Problem mit dem Grundgesetz“
Für Beck zeigen die Äußerungen, daß die Union ein „Problem mit dem Grundgesetz“ habe. Unterstützung bekam er dabei vom stellvertretenden FDP-Chef Christian Lindner: „Das Gericht kann nichts dafür, wenn die CDU sich bei der Gleichstellung eingetragener Lebenspartnerschaften aus Karlsruhe zwingen lassen wollte, weil sie nicht politisch entscheiden konnte.“
Der Liberale betonte, er kritisiere Verfassungsorgane grundsätzlich nicht öffentlich. „In der langen Tradition seit 1949 sind wir mit dem Bundesverfassungsgericht gut gefahren.“ Dagegen sprang der Parlamentarische Geschäftsführer der Unionsfraktion, Michael Grosse-Brömer (CDU), Lammert zur Seite.
Der Bundestag werde selbstverständlich die Urteile des Bundesverfassungsgerichts umsetzen. „Das bedeutet aber auch, daß wir als Gesetzgeber selbstbewußt genug sind, unseren gesetzgeberischen Gestaltungsspielraum wahrzunehmen und entsprechend der Mehrheitsmeinung im Bundestag Gesetze zu machen“, sagte Grosse-Brömer der Welt. (ho)