BERLIN. Das Restaurant „Postkutsche“ im Berliner Stadtteil Wedding stellt nach mehreren Anschlägen durch Linksextremisten seinen Geschäftsbetrieb ein. Wirtin Karin Ruch sieht sich nach 30 Jahren zu diesem Schritt gezwungen, weil ihr der Mietvertrag von der Hausverwaltung gekündigt wurde und der Betrieb „vollkommen pleite“ sei. Fünf Mitarbeiter stehen zum Jahresende auf der Straße.
Hintergrund sind zwei kurz hintereinander von linksextremen Tätern verübte Anschläge, bei denen Scheiben zerstört und die Fassade mit Farbe beziehungsweise Teer beschmiert wurde. Anlaß waren Berichte über ein Treffen von Rechtsextremisten in dem Lokal. Allerdings war Ruch der politische Hintergrund der Gäste nicht bekannt. Dennoch riefen Lokalpolitiker danach zu Protesten gegen die angebliche „Nazi-Kneipe“ auf.
Wirtin fühlt sich von der Politik im Stich gelassen
Seitdem bleibt die Kundschaft aus. „Die Gäste haben Angst, daß sie was abbekommen“, stellt Ruch gegenüber der JUNGEN FREIHEIT resigniert fest, besonders nach Einbruch der Dunkelheit. Schlimm sei vor allem, daß ganze Gruppen abgesagt hätten, die die Tagungsräume bislang nutzten.
Hierzu zählen Hauseigentümer, die dort ihre Versammlungen abhielten, sowie verschiedene Vereine. Auch ein Chor, der sich seit über 25 Jahren dort traf, kommt nicht mehr. „Um fast 60 Prozent ist der Umsatz zuletzt zurückgegangen“, klagt die Wirtin.
Neben dem finanziellen Schaden leidet Ruch auch gesundheitlich unter den Folgen. Zudem werde sie auf der Straße boshaft angeschaut und traue sich nicht mehr nach draußen. Von der Politik fühle sie sich im Stich gelassen: Ihre Partei, die CDU, kümmere sich nicht, und auch auf eine Entschuldigung des Grünen-Abgeordneten Daniel Gollasch, der die Proteste angestoßen hatte, wartet sie bisher vergeblich. (af)