KARLSRUHE. Die Bundesanwaltschaft hat die Lage in Afghanistan als „nichtinternationalen bewaffneten Konflikt“ bewertet, für den der Maßstab des Völkerstrafgesetzbuchs anzuwenden ist.
Presseberichten zufolge hat sich die höchste deutsche Strafverfolgungsbehörde „nach eingehender Prüfung des ihr vorliegenden Materials“ damit für zuständig erklärt, wenn militärische Handlungen deutscher Soldaten im Einsatz juristisch bewertet werden müssen.
Hintergrund dieser Prüfung ist der Fall des Luftangriffes auf zwei von afghanischen Aufständischen entführte Tanklaster nahe Kundus. Anfang November vergangenen Jahres hatten die Bundesanwälte die Ermittlungen von der Generalstaatsanwaltschaft Dresden übernommen.
Schläge gegen die deutschen Truppen
Die Karlsruher Juristen kamen nun zu dem Ergebnis, daß am Hindukusch ein bewaffneter Konflikt zwischen der afghanischen Regierung sowie der internationalen Schutztruppe Isaf einerseits und Aufständischen andererseits herrscht. In diesen Auseinandersetzungen werde die Bundeswehr als Teil der Isaf regelmäßig von organisierten und unter einer losen Kommandostruktur stehenden Gegnern angegriffen.
Die Angreifer seien außerdem zu Schlägen gegen die deutschen Truppen in der Lage. Demnach müßte der Befehl zum Luftangriff von Kundus, den ein deutscher Oberst gab, nicht nach dem deutschen Strafrecht, sondern nach dem Völkerstrafrecht beurteilt werden.
Gemäß Völkerstrafgesetzbuch gelten in einem solchen Konflikt militärische Methoden dann als rechtswidrig und somit als Kriegsverbrechen, wenn durch sie Zivilisten in einem Ausmaß getötet oder verletzt werden, das nicht verhältnismäßig zum „insgesamt erwarteten konkreten unmittelbaren militärischen Vorteil steht“. Strafbar ist dieses Handeln allerdings nur, wenn ein Vorsatz vorlag. (vo)