POTSDAM. Der Kandidat der Linkspartei für das Amt des Oberbürgermeisters von Potsdam, Hans-Jürgen Scharfenberg, hat offenbar für seine Dienste als Inoffizieller Mitarbeiter der Stasi 1985 die Verdienstmedaille der DDR erhalten. Nach einem Bericht des Focus war Scharfenberg als „IM Hans-Jürgen“ am 30. September 1985 für seine Spitzeltätigkeit mit der staatlichen Ehrung ausgezeichnet worden.
Der innenpolitische Sprecher der Linksfraktion im Potsdamer Landtag spionierte seit 1978 für die Stasi. Er soll unter anderem über „faule Kommilitonen, ausreisewillige DDR-Bürger und das Intimleben von Arbeitskollegen“ berichtet haben. Seine 300 Seiten starke IM-Akte charakterisiert Scharfenberg als berechnenden. Er übernehme gesellschaftliche Aufgaben nur, „wenn er Vorteile daraus ziehen kann“.
„Stasi-Opfer werden nicht berücksichtigt“
Der Generalsekretär der CDU Brandenburg, Dieter Dombrowski, zeigte sich über den Bericht des Focus wenig erstaunt: „So bitter das klingt, aber das überrascht in Brandenburg niemanden“, sagte Dombrowski der JUNGEN FREIHEIT. Der Fall zeige nur einmal mehr, wie hoch die Dichte an ehemaligen Stasi-Leuten in der Spitze der Linksfraktion in Brandenburg sei.
Gleichzeitig belege er allerdings auch, wie gut die Stasi ihre Mitarbeiter ausgebildet habe. „Auch heute noch sind diese Leute geschickt und wendig, geben sich bürgernah und setzen ihre politischen Schwerpunkt so flexibel, wie es nach der Stimmungslage gerade paßt“, sagte der CDU-Politiker.
Scharfenberg sei zudem ein schönes Beispiel für das von Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) entworfene Konzept der Aussöhnung, nach dem ehemalige Stasi-Mitarbeiter, die sich in der Demokratie bewährt haben, eine neue Chance erhalten und Verantwortung übernehmen sollen. „Nur deren Opfer, die sind offenbar nicht Teil der Aussöhnung“, kritisierte Dombrowski.
Scharfenberg tritt am kommenden Sonntag in der Stichwahl gegen Amtsinhaber Jann Jakobs (SPD) für das Amt des Potsdamer Oberbürgermeisters an. (krk)