LÜNEBURG. Das niedersächsische Oberverwaltungsgericht in Lüneburg (OVG) hat am Freitagabend das Verbot einer für Samstag angemeldeten Demonstration des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) im niedersächsischen Bad Nenndorf aufgehoben.
Zuvor hatte das Verwaltungsgericht Hannover ein Verbot bestätigt und zugleich die Verbotsverfügung des Landkreises Schaumburg gegenüber einem von „Freien Nationalisten“ am selben Tag geplanten „Trauermarsch“ für die Opfer eines dort von 1945 bis 1947 bestehenden Internierungslagers der Briten gekippt.
Zur Begründung hatte es geheißen, das Gericht erkenne an, daß – wie vom Landkreis behauptet – tatsächlich ein polizeilicher Notstand vorläge, wenn beide Veranstaltungen stattfänden. In diesem Fall bestehe „eine hohe Wahrscheinlichkeit für eine erhebliche Gefahr für Leib und Leben sowie Sachen von bedeutendem Wert“.
Mehr gewalttätiges Potential aus linksautonomem Spektrum
Die Entscheidung, welche Versammlung zu verbieten sei, ist dann zu Lasten der Demonstration des DGB gefallen, „weil die Rechten ihre Versammlung zuerst angemeldet hätten und daher das sogenannte Erstanmelderprivileg für sich in Anspruch nehmen“ könnten, teilte das Gericht mit.
Entscheidend sei aber zu berücksichtigen, so die Beurteilung der Juristen, daß „offenkundig deutlich mehr gewalttätiges Potential aus dem linksautonomen Spektrum zu erwarten sei als auf Seiten der sogenannten Autonomen Nationalisten“.
Die zuständige Polizeidirektion Göttingen habe die Zahl der zu erwartenden Linksextremisten auf 400 bis 500 Personen eingeschätzt, die Zahl der gewaltbereiten Autonomen Nationalisten dagegen auf 250.
Räumliche Trennung angeordnet
Der DGB sprach daraufhin von einem „unglaublichen Vorgang“ und kündigte eine Beschwerde gegen die Entscheidung beim Oberverwaltungsgericht Lüneburg an.
Kritik an dem Urteil der Vorinstanz kam auch von Seiten zahlreicher Politiker, darunter vom Vizepräsidenten des Bundestages, Wolfgang Thierse (SPD). Der Richterspruch sei „auf beunruhigende Weise parteiisch“, so Thierse laut Spiegel Online.
Das Lüneburger OVG machte in seiner Entscheidung jedoch zur Auflage, daß beide Demonstrationen nur räumlich getrennt voneinander stattfinden dürfen. Unterdessen haben zahlreiche linke Gruppierungen – darunter die Grüne Jugend – zu einer Blockade des „Trauermarsches“ aufgerufen. (vo)