HAMBURG. Die „Konservativ-subversive Aktion“ hat heute bei einer Lesung des Schriftstellers Günter Grass in Hamburg für Unruhe gesorgt. Grass stellte dort am Abend sein neuestes Werk mit dem Titel „Die Box“ erstmals der Öffentlichkeit vor.
In diesem schildert der Schriftsteller sein Leben ab den fünfziger Jahren. Die Gruppe warf Grass „Nebelkerzenprosa“ vor und kritisierte, daß dieser vor zwei Jahren seine Zugehörigkeit zur Waffen-SS lediglich als verkaufsfördernde Maßnahme zum Start seines Buches „Beim Häuten der Zwiebel“ bekanntgegeben habe. Bei dem Werk handelt es sich um eine Art autobiographischen Roman.
Mitglieder der Konservativ-subversiven Aktion entrollten Transparente, auf denen Grass mit Stahlhelm und Pfeife abgebildet war. Zudem wurde ein Comic-Heft verteilt, in dem Grass sich in einem Traum noch mal an seine Zeit bei der Waffen-SS 1945 erinnert und das den Einfluß des Schriftstellers als „moralische Instanz“ auf Politik und Gesellschaft thematisiert.
„Grass hat als lebender Zeigefinger ausgedient“
Der Initiator der Aktion, Götz Kubitschek, rief dazu auf, die „moralische Instanz Günter Grass vom Sockel zu stoßen“ und sich statt dessen den Autoren zuzuwenden, denen es um die „Versöhnung der Generationen und die Vielschichtigkeit deutscher Biographien“ gehe.
Grass lehre dagegen, daß man mit Gedächtnislücken und „Orgien der Vagheit“ zur moralischen Instanz und zum Richter über die eigene Generation und ein ganzes Land werden könne. „Wir, seine Kinder und Enkel, nehmen diese Lehre nicht mehr an. Grass hat als lebender Zeigefinger ausgedient“, sagte Kubitschek, der nach der Aktion das Theater verlassen mußte.
Grass zeigte sich von dem Protest zunächst überrascht, ging nach einer kurzen Diskussion aber wieder zur Tagesordnung über.