PARIS. Der Chef des Rassemblement National (RN), Jordan Bardella, hat angesichts des Urteils gegen Marine Le Pen zu landesweiten Demonstrationen aufgerufen. „Wir werden ab diesem Wochenende Proteste organisieren“, sagte Bardella.
Dabei solle es um eine „friedliche Volksmobilisierung“ gehen. „Ich bin der Ansicht, daß die Franzosen sich empören müssen“, betonte der Politiker. Drohungen, Beleidigungen oder Beschimpfungen von Richtern oder Beamten seien allerdings „inakzeptabel und wir verurteilen sie“.
Ob er anstelle von Le Pen selbst bei den kommenden Präsidentschaftswahlen antreten wird, wollte Bardella noch nicht entscheiden. „Ich lehne es ab, mich in dieses Szenario oder diese Hypothese zu begeben, solange wir den Kampf gegen diese Ungerechtigkeit noch nicht aufgenommen und alle möglichen Rechtsmittel eingelegt haben.“
Bardella beteuert Loyalität
Le Pen habe ihm in der Politik „alles gegeben und das Mindeste, was ich ihr schuldig bin, ist, den Kampf mit ihr bis zum Ende fortzusetzen“, fügte der 29jährige hinzu. Diejenigen, die glaubten, den RN zu besiegen, indem sie die Präsidentschaftskandidatin aus dem Rennen nähmen, irrten sich.
Den Richtern, die das Urteil gefällt hatten, warf der RN-Chef vor, politische Interessen verfolgt zu haben. Die Gerichtsentscheidung sei „unverhältnismäßig“. Die Richter hätten beschlossen, Le Pen „aus dem Rennen zu nehmen“, da sie bei der kommenden Präsidentschaftswahl nicht bloß als Siegerin der ersten Wahlrunde, sondern gar als mögliche nächste Präsidentin gesehen werde.
Bardella wirft Richtern politische Interessen vor
In einem Post auf X konkretisierte er den Vorwurf: Als Begründung für die vorläufige Vollstreckung wird eine „Gefahr einer Störung der öffentlichen Ordnung genannt, falls Marine Le Pen bei den Präsidentschaftswahlen gewählt würde: Die politische Motivation, das voreingenommene Urteil, die parteiische Entscheidung könnten nicht deutlicher sein“, schrieb Bardella.
La justification de l’exécution provisoire évoque un „risque de trouble à l’ordre public“ (!) si Marine Le Pen était élue à l’élection présidentielle : on ne peut pas faire plus clair comme motivation politique, comme jugement partial, comme décision partisane. pic.twitter.com/Wj4kJ7IIRu
— Jordan Bardella (@J_Bardella) April 1, 2025
Mehrere Vertreter der juristischen Zunft wiesen diesen Vorwurf zurück. Einer der höchsten Richter Frankreichs, der Generalstaatsanwalt des Kassationsgerichts, Rémy Heitz, sagte: „Die Justiz ist nicht politisch, diese Entscheidung ist keine politische, sondern eine gerichtliche Entscheidung, die von drei unabhängigen und unparteiischen Richtern getroffen wurde“, sagte Heitz dem Fernsehsender RTL France.
Meloni verteidigt Le Pen
Weitere Unterstützung erhielt Le Pen derweil von der italienischen Ministerpräsidentin Giorgia Meloni. Die Verurteilung der Politikerin beraube „Millionen Menschen ihrer Repräsentation“, kommentierte die Chefin der Partei Fratelli d’Italia. Sie kenne die Berechtigung der Vorwürfe gegenüber Le Pen sowie die Gründe für das harte Urteil nicht, doch sie glaube nicht, daß „irgendjemand, dem die Demokratie am Herzen liegt, über dieses Urteil glücklich sein kann“.
Die Präsidentschaftskandidatin des RN, Marine Le Pen, war am Montag von einem französischen Gericht wegen Veruntreuung schuldig gesprochen worden. Ihr wird für die kommenden fünf Jahre das Wahlrecht entzogen werden – dementsprechend wird sie bei der nächsten Präsidentschaftswahl im Jahr 2027 nicht antreten können.
Le-Pen-Anwalt kündigt Berufung an
Zusätzlich muß sie eine vierjährige Haftstrafe antreten, zwei Jahre davon auf Bewährung. In den anderen zwei Jahren soll die Haftstrafe durch eine elektronische Fußfessel vollstreckt werden. Ihr Anwalt Rodolphe Bosselut kündigte bereits an, gegen das Urteil Berufung einlegen zu wollen.
Le Pen wies den Schuldspruch ebenfalls zurück. Sie habe sich nicht persönlich bereichert und sei auch nicht korrupt. Es handele sich um ein „politisches Urteil“, sagte sie am Montagabend in einer Sendung des Fernsehsenders TF1. (lb)