JERUSALEM/GAZA. Die Hamas hat eine teilweise Zustimmung zu dem von US-Präsident Donald Trump vorgelegten Gaza-Plan signalisiert. Die Terrororganisation erklärte am Freitagabend, sie sei bereit, alle israelischen Geiseln freizulassen – lebend oder tot –, wolle jedoch über zentrale Punkte weiter verhandeln.
Damit rückt erstmals ein mögliches Ende des Gaza-Krieges in greifbare Nähe, doch die entscheidende Frage, ob die Hamas tatsächlich ihre Waffen niederlegt, bleibt unbeantwortet.
Das Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu teilte in der Nacht mit, Israel bereite „die sofortige Umsetzung der ersten Phase“ des Plans vor, die die umgehende Freilassung aller Geiseln umfassen soll. Generalstabschef Ejal Zamir habe die Streitkräfte bereits angewiesen, Vorbereitungen zu treffen. Details darüber, wie die erste Phase umgesetzt werden soll, wurden jedoch nicht genannt.
Trump drohte der Hamas mit der Hölle
Trump reagierte umgehend auf die Erklärung aus Gaza. Auf seiner Plattform „Truth Social“ schrieb er: „Israel muß sofort die Bombardierung von Gaza einstellen, damit wir die Geiseln sicher und schnell befreien können!“ Erst wenige Stunden zuvor hatte er die Hamas ultimativ aufgefordert, den Plan bis Sonntagabend anzunehmen, andernfalls werde eine „Hölle, wie sie noch niemand gesehen hat“ über die Organisation hereinbrechen.
„Based on the Statement just issued by Hamas, I believe they are ready for a lasting PEACE. Israel must immediately stop the bombing of Gaza, so that we can get the Hostages out safely and quickly… this is about long sought PEACE in the Middle East.“ – President Trump pic.twitter.com/OKPYBmW5ql
— The White House (@WhiteHouse) October 3, 2025
Der 20-Punkte-Plan des US-Präsidenten sieht neben der Freilassung aller Geiseln und hunderter palästinensischer Gefangener auch eine Übergangsregierung aus unabhängigen Technokraten für den Gazastreifen vor. Begleitet werden soll dies durch einen Friedensrat unter Beteiligung arabischer Staaten wie Saudi-Arabien, Jordanien oder den Vereinigten Arabischen Emiraten. Ausdrücklich festgeschrieben ist, daß die Bevölkerung des Küstenstreifens nicht vertrieben wird.
Zentrale Streitfrage bleibt die Entwaffnung der Hamas. Während Israel darauf besteht, daß die Terrororganisation vollständig ihre Waffen niederlegt, vermied es die Hamas, hierzu eine klare Aussage zu treffen. Beobachter werten dies als Versuch, Zeit zu gewinnen und den Druck der USA abzumildern.
Der britische Premierminister Keir Starmer forderte alle Seiten auf, „die Vereinbarung unverzüglich umzusetzen“. Ob die Hamas dazu bereit ist, bleibt unklar. In Israel wächst zugleich die Skepsis, ob die Terroristen mehr als taktische Zugeständnisse machen wollen.
Der 20-Punkte-Plan von US-Präsident Donald Trump soll den Gaza-Krieg beenden und eine dauerhafte Friedensordnung schaffen. Zentrale Idee ist die völlige Entmilitarisierung des Gebiets, begleitet von einem umfassenden Wiederaufbau unter internationaler Aufsicht.
Das ist Trumps Plan für Gaza
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Gaza soll eine entradikalisierte, terrorfreie Zone werden, die keine Bedrohung mehr für ihre Nachbarn darstellt.
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Gaza wird zum Nutzen seiner Bevölkerung wiederaufgebaut, die bereits mehr als genug gelitten hat.
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Wenn beide Seiten diesem Vorschlag zustimmen, endet der Krieg sofort. Die israelischen Streitkräfte ziehen sich auf eine vereinbarte Linie zurück, um die Freilassung der Geiseln vorzubereiten. Während dieser Zeit werden alle militärischen Operationen – einschließlich Luft- und Artillerieangriffe – eingestellt, und die Frontlinien bleiben eingefroren, bis die Bedingungen für einen vollständigen, gestuften Rückzug erfüllt sind.
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Innerhalb von 72 Stunden nach der öffentlichen Annahme des Abkommens durch Israel sollen alle Geiseln, lebend oder tot, zurückgegeben werden.
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Sobald alle Geiseln freigekommen sind, wird Israel 250 zu lebenslanger Haft Verurteilte sowie 1.700 Palästinenser freilassen, die nach dem 7. Oktober 2023 festgenommen wurden, darunter alle Frauen und Kinder, die in diesem Zusammenhang inhaftiert sind. Für jeden israelischen Geisel, dessen Leichnam zurückgegeben wird, gibt Israel die sterblichen Überreste von 15 verstorbenen Palästinenser frei.
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Nach der Freilassung aller Geiseln erhalten Hamas-Mitglieder, die sich zu friedlicher Koexistenz bekennen und ihre Waffen abgeben, Amnestie. Mitglieder der Hamas, die Gaza verlassen möchten, erhalten sicheres Geleit in aufnehmende Länder.
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Nach Annahme des Abkommens soll sofort umfassende Hilfe in den Gazastreifen geschickt werden. Die Hilfsmenge soll mindestens dem entsprechen, was im Abkommen vom 19. Januar 2025 über humanitäre Hilfe festgelegt wurde, einschließlich der Wiederherstellung von Infrastruktur (Wasser, Strom, Abwasser), der Sanierung von Krankenhäusern und Bäckereien sowie der Lieferung von Geräten zur Trümmerräumung und Straßenöffnung.
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Die Verteilung und der Transport der Hilfsgüter sollen ohne Einmischung beider Seiten durch die Vereinten Nationen und ihre Organisationen, den Roten Halbmond sowie andere internationale Institutionen erfolgen. Die Öffnung des Grenzübergangs Rafah in beide Richtungen unterliegt denselben Regelungen wie im Abkommen vom 19. Januar 2025.
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Gaza soll vorübergehend von einer technokratischen, unpolitischen palästinensischen Übergangsverwaltung geführt werden, die für öffentliche Dienste und kommunale Aufgaben zuständig ist. Dieses Komitee wird aus qualifizierten Palästinensern und internationalen Experten bestehen und von einem neuen internationalen Übergangsgremium, dem „Board of Peace“, beaufsichtigt, dessen Vorsitz Präsident Donald J. Trump führen soll. Weitere Mitglieder, darunter ehemalige Regierungschefs wie Tony Blair, sollen folgen. Dieses Gremium legt den Rahmen und die Finanzierung für den Wiederaufbau Gazas fest, bis die Palästinensische Autonomiebehörde ihr Reformprogramm abgeschlossen hat und wieder sicher die Kontrolle übernehmen kann.
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Ein von Trump initiierter wirtschaftlicher Entwicklungsplan soll Gaza neu beleben. Ein Expertengremium, das bereits an erfolgreichen Projekten im Nahen Osten beteiligt war, soll Investitionen und Entwicklungsideen bündeln, um Arbeitsplätze, Chancen und Hoffnung zu schaffen.
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Eine Sonderwirtschaftszone mit bevorzugten Zoll- und Zugangsbedingungen soll eingerichtet werden, deren Einzelheiten mit den beteiligten Ländern verhandelt werden.
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Niemand wird gezwungen, Gaza zu verlassen. Wer gehen möchte, darf dies frei tun und jederzeit zurückkehren. Den Menschen soll die Möglichkeit gegeben werden, in Gaza zu bleiben und beim Aufbau einer besseren Zukunft mitzuwirken.
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Hamas und andere Fraktionen dürfen keinerlei Rolle in der Verwaltung Gazas spielen – weder direkt noch indirekt. Sämtliche militärische, terroristische und offensive Infrastruktur, einschließlich Tunnelsysteme und Waffenfabriken, wird zerstört und darf nicht wieder aufgebaut werden. Die Entwaffnung erfolgt unter Aufsicht unabhängiger Beobachter, die die dauerhafte Unbrauchbarmachung der Waffen überwachen. Ein international finanziertes Rückkauf- und Wiedereingliederungsprogramm begleitet diesen Prozeß. Das „Neue Gaza“ soll sich wirtschaftlichem Aufbau und friedlicher Nachbarschaft widmen.
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Regionale Partnerstaaten sollen garantieren, daß Hamas und andere Gruppen ihre Verpflichtungen erfüllen und „Neues Gaza“ keine Bedrohung für Nachbarn oder die eigene Bevölkerung darstellt.
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Die Vereinigten Staaten werden gemeinsam mit arabischen und internationalen Partnern eine temporäre Internationale Stabilisierungstruppe (ISF) aufstellen, die umgehend nach Gaza entsandt wird. Sie soll palästinensische Polizeieinheiten ausbilden und mit Jordanien und Ägypten zusammenarbeiten. Diese Truppe bildet die langfristige Sicherheitslösung und soll den Grenzschutz gemeinsam mit Israel und Ägypten gewährleisten. Sie soll den Waffenschmuggel verhindern und den sicheren Wiederaufbau ermöglichen.
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Israel wird Gaza weder besetzen noch annektieren. Sobald die ISF Kontrolle und Stabilität hergestellt hat, zieht sich die israelische Armee schrittweise zurück – auf Grundlage vereinbarter Standards und Zeitpläne. Ziel ist ein sicheres Gaza, das keine Bedrohung mehr für Israel, Ägypten oder deren Bürger darstellt.
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Sollte die Hamas den Plan verzögern oder ablehnen, werden die vorgesehenen Maßnahmen, einschließlich der Hilfsoperationen, in den bereits „terrorfreien“ Gebieten umgesetzt.
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Ein interreligiöser Dialogprozeß soll auf den Werten von Toleranz und friedlicher Koexistenz beruhen, um Einstellungen und Narrative auf beiden Seiten zu verändern und die Vorteile des Friedens hervorzuheben.
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Wenn der Wiederaufbau Gazas voranschreitet und die Reformen der Palästinensischen Autonomiebehörde umgesetzt sind, sollen die Voraussetzungen für einen glaubwürdigen Weg zur palästinensischen Selbstbestimmung und Staatlichkeit geschaffen werden.
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Schließlich wollen die Vereinigten Staaten einen Dialog zwischen Israel und den Palästinensern einleiten, um eine politische Perspektive für friedliche und wohlhabende Koexistenz zu schaffen. (rr)