BALLYMENA. Hunderte Demonstranten haben in der nordirischen Stadt Ballymena in der Polizisten attackiert und Häuser sowie Autos in Brand gesetzt. Es war die zweite Nacht in Folge, in der es zu Ausschreitungen kam. Anlaß ist ein mutmaßlicher sexueller Übergriff, den zwei minderjährige Zigeuner begangen haben sollen, wie verschiedene britische Medien berichten.
Die örtliche Polizei bezeichnete die Ausschreitungen als „schlicht und einfach rassistische Gewalt“. Der nordirische Polizeichef Jon Boutcher warnte, daß „haßgetriebene Handlungen und Pöbeleien“ das Gefüge der irischen Gesellschaft zerreißen könnten. „Dieses Verhalten muß aufhören.“
Unionist-Politiker warnt vor „ungehinderter Einwanderung“
Auf Videos, die in sozialen Netzwerken kursieren, ist unter anderem zu sehen, wie Demonstranten Polizeifahrzeuge mit Gegenständen bewerfen:
Ballymena https://t.co/yZ9eGiph7i pic.twitter.com/as68pwOWEi
— Aris Roussinos (@arisroussinos) June 10, 2025
Der Vorsitzende der nordirischen Partei Traditional Unionist Voice, Jim Allister, bezeichnete die Krawalle als „sehr beunruhigend“. Es müsse jedoch der Kontext gesehen werden: Die Gegend leide an einem „signifikanten demographischen Wandel“ aufgrund „ungehinderter Einwanderung“. Obwohl die Berichte über sexuelle Übergriffe „verstörend“ seien, gebe es „keine Rechtfertigung für Angriffe auf Polizisten, während diese örtliche Gemeinschaften beschützen“.
Randalierer setzen Wohnhäuser in Brand
Der britische Nordirland-Minister Hilary Benn äußerte ebenfalls Kritik an den Ausschreitungen. „Die schrecklichen Szenen ziviler Unruhen, die wir heute Abend wieder in Ballymena erlebt haben, haben in Nordirland keinen Platz“, schrieb er auf X.
The terrible scenes of civil disorder we have witnessed in Ballymena again this evening have no place in Northern Ireland. There is absolutely no justification for attacks on PSNI officers or for vandalism directed at people’s homes or property.
— Hilary Benn (@hilarybennmp) June 10, 2025
Alleine am Dienstag sollen 17 Polizeibeamte verletzt worden sein. Damit kletterte die Gesamtzahl verletzter Beamter seit dem Beginn der Ausschreitungen am Montag auf 32.
Vier Wohnhäuser wurden nach Angaben der Behörde bislang in Brand gesetzt. Sie hat die Brandstiftungen als „rassistische Haßverbrechen“ eingestuft und geht davon aus, daß die Brandstifter die Häuser aussuchten, da sie dort Einwanderer vermuteten. Eine rumänische Anwohnerin berichtete der Irish Times, daß sie an ihren Fenstern eine britische Flagge gehißt habe, um auf diese Weise nicht zur Zielscheibe zu werden.
Auch in anderen Städten kommt es zu Ausschreitungen
Sechs Personen seien im Zusammenhang mit den Ausschreitungen festgenommen worden. Bei einer Straßenschlacht am Dienstag fuhr die Polizei mit gepanzerten Fahrzeugen und Wasserwerfern auf und feuerte Gummigeschosse auf Demonstranten, nachdem diese die Beamten mit Benzinbomben, Steinen und Gerüstteilen attackiert haben sollen.
Auch im weiter südöstlich gelegenen Belfast kam es zu Protesten, bei denen Straßen blockiert wurden. In den Städten Newtownabbey und Carrickfergus wurden Mülltonnen angezündet und Flaschen sowie Steine auf die Polizei geworfen. In Nord-Belfast meldete die Polizei ebenfalls Vorfälle.
Die zwei tatverdächtigen Einwanderer traten am Dienstag erstmals vor Gericht und wurden des sexuellen Mißbrauchs des Mädchens beschuldigt. Die Anklage wurde ihnen über einen rumänischen Dolmetscher verlesen. Laut BBC bestritten die Jugendlichen die Vorwürfe. Sie wurden bis zum 2. Juli in Untersuchungshaft genommen. (lb)