GRAZ. Zu dem Amoklauf an einer Schule in der steirischen Landeshauptstadt Graz gibt es neue Erkenntnisse. Ein 21jähriger hatte am Dienstagvormittag zehn Menschen und sich selbst getötet. Nach Angaben der Behörden betrat Artur A. gegen 10 Uhr das Bundes-Oberstufenrealgymnasium in der Dreierschützengasse und eröffnete in zwei Klassenräumen das Feuer.
17 Minuten lang schoß er mit einer Schrotflinte und einer Pistole um sich – nach Augenzeugenberichten insgesamt rund 40mal. Unter den Todesopfern befinden sich sieben Schüler und drei Erwachsene, darunter ein Lehrer. Sieben von ihnen sind weiblich, drei männlich. Zwölf weitere Menschen wurden zum Teil schwer bzw. lebensgefährlich verletzt und liegen in verschiedenen Krankenhäusern. Viele Grazer folgten dem Aufruf zu Blutspenden. Auch der österreichische Fußballmeister Sturm Graz rief seine Anhänger für heute zu einer großen Blutspendeaktion in seinem Trainingszentrum auf.
Die Betroffenheit nach dem schlimmsten Schulamoklauf in der Geschichte Österreichs ist riesig. An einer Gedenkveranstaltung im Stadtzentrum nahmen tausende Menschen teil, entzündeten Kerzen und sprachen Gebete. In Kirchen gab es Gedenkgottesdienste. Viele Menschen brachen in Tränen aus.
Rohrbombe in der Wohnung gefunden
Der Täter, ein ehemaliger Schüler der Schule, erschoß sich nach der Tat auf einer Schultoilette. Laut Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) handelte es sich um einen Einzeltäter. Die Ermittler fanden in seiner Wohnung einen Abschiedsbrief. Darin soll er geschrieben haben, daß er die sechste Schulstufe nicht geschafft und dafür Schuldige gesucht habe. Die Polizei entdeckte in seiner Wohnung auch eine Rohrbombe, die nicht funktionstüchtig gewesen ist.
Artur A., der im Bezirk Graz-Umgebung wohnte, war nicht vorbestraft. Nach derzeitigen Erkenntnissen verfügte er über eine Pistole und eine Schrotflinte, die er legal über eine Waffenbesitzkarte besaß. Die Pistole, eine Glock, soll er erst wenige Tage vor der Tat erworben haben.
Laut Zeitung wollte Artur A. „Rache“
Über ein mögliches Motiv wird spekuliert. Der Täter soll sich laut Berichten selbst als Mobbingopfer bezeichnet haben. Die Kronen Zeitung schreibt, Artur A. „wollte Rache“. Eine Bestätigung dafür steht noch aus. Der Amoklauf ereignete sich im dritten Stock des Schulgebäudes.
Mehr als 300 Polizisten und 160 Rettungskräfte waren im Einsatz. Um 11.30 Uhr, anderthalb Stunden nach Beginn des Amoklaufs, meldete die Polizei, daß alle Personen aus dem Schulgebäude in Sicherheit gebracht worden seien.

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Dreitätige Staatstrauer in Österreich
Österreichs Bundesregierung rief eine dreitägige Staatstrauer aus. Am Mittwoch wird um 10 Uhr eine landesweite Schweigeminute abgehalten. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) sprach von einer „unfaßbaren Tragödie“. Das Ereignis treffe „uns alle als Gesellschaft“. Der steirische Landeshauptmann Mario Kunasek (FPÖ) kämpfte mit den Tränen, als er seine Anteilnahme äußerte und den Einsatzkräften dankte. In der gesamten Steiermark wurden alle öffentlichen Veranstaltungen abgesagt.
Die internationale Politik reagierte erschüttert auf die Bluttat. Deutschlands Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) schrieb an Kanzler Stocker: „Mit großer Bestürzung habe ich die Nachrichten aus Graz vernommen. Es erschüttert mich zutiefst, daß junge Menschen so jäh aus dem Leben gerissen wurden. Die Bundesregierung teilt den Schmerz und die Trauer der Familien. Den Verletzten wünschen wir rasche Genesung.“
Entsetzliche Nachrichten aus Graz. Wir sind in Gedanken bei unseren österreichischen Freunden und Nachbarn und trauern mit ihnen.
— Bundeskanzler Friedrich Merz (@bundeskanzler) June 10, 2025
Die italienische Ministerpräsidentin Giorgia Meloni sprach von einem „tragischen Vorfall“ und kondolierte „mit Trauer“ den Familien der Opfer. Auch Italiens Präsident Sergio Mattarella bekundete sein Beileid und erklärte: „Die Gedanken der Italiener und meine eigenen sind bei den verletzten jungen Menschen, denen ich eine rasche und vollständige Genesung wünsche.“
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen ließ wissen: „Die Nachrichten aus Graz treffen ins Mark. Schulen sind Symbole für Jugend, Hoffnung und Zukunft. Es ist schwer zu ertragen, wenn sie zu Orten von Tod und Gewalt werden.“ Ähnlich äußerte sich die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas: „Jedes Kind sollte sich in der Schule sicher fühlen und ohne Angst lernen können.“
Die Präsidentin des Europäischen Parlaments, Roberta Metsola, erklärte: „Ich bin zutiefst schockiert. Europa steht an der Seite Österreichs.“ Auch der Vizepräsident der Europäischen Kommission, Raffaele Fitto, bekundete seine Anteilnahme: „Schulen sollten niemals zu Orten des Leids werden.“

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Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj schrieb auf der Plattform X: „Tief betroffen von dem tragischen Angriff an der Schule in Graz, die viele unschuldige Menschenleben gefordert hat. Unser Mitgefühl gilt den Opfern, ihren Familien und den Menschen in Österreich.“
Deeply saddened by the tragic school shooting in Graz, which claimed many innocent lives. Schools should never become places of violence. Our hearts go out to the victims, their families, and the people of Austria. We wish a swift recovery to all those wounded. Ukraine shares…
— Volodymyr Zelenskyy / Володимир Зеленський (@ZelenskyyUa) June 10, 2025
Jeder soll nach Amoklauf Hilfe bekommen
Bildungsminister Christoph Wiederkehr (Neos) rief dazu auf, alle Betroffenen psychologisch zu unterstützen. „Eine Schule muß ein sicherer Ort sein. Jeder, der Hilfe braucht, soll Hilfe bekommen.“ Auch SPÖ-Staatssekretär Jörg Leichtfried mahnte: „Wir stehen als Nation unter Schock. Jetzt geht es darum, zusammenzustehen.“