Eine Zeit lang sah es so aus, als könne Schritt für Schritt die Stimmung kippen: Brexit, die Visegrad-Staaten, Schweden, Dänemark, Italien, die Niederlande, möglicherweise bald wieder die USA, vielleicht sogar Frankreich und Spanien, am Ende dann Deutschland …
Doch so schnell gibt sich das woke Establishment nicht geschlagen: Wo immer konservative Kräfte an der Macht beteiligt sind, wird ihr konkreter Einfluß durch Sanktionen und Brandmauern geringgehalten und somit die Enttäuschung angefacht, während die anti-konservative Agitation überall einen Grad erreicht hat, der in der jüngeren Geschichte seines Gleichen sucht und wohl nur im Anti-Kommunismus der McCarthy-Zeit ein Analogon findet.
Nun haben wir mit dem Fall Polens ein Lehrstück besonderer Art vor den Augen, nämlich die systematische Gleichschaltung eines bislang konservativen Staates an den woken Mainstream – und ein jeder Konservativer täte gut daran, die Vorgänge genauestens zu studieren, da sie wohl als Blaupause für die Ereignisse der nächsten Jahre überall im Westen zu betrachten sind… und durchaus ein zweischneidiges Schwert darstellen.
Böse Reminiszenz an die 1920er und 1930er Jahre
Was ist geschehen? PiS bleibt zwar stärkste Partei Polens; Tusk ist es aber gelungen, eine Art Allparteienkoalition zu schmieden, um Polen nach acht Jahren Sonderweg endlich wieder auf die Spur des woken Mainstreams zu setzen und auch noch die letzte Spur konservativer Präsenz in den staatlichen Institutionen auszumerzen. Darauf hat er sich wohl seit langem exzellent vorbereitet und, wie zu vermuten ist, alle Aktionen mit den Kollegen aus Brüssel abgestimmt, die die staatsstreichartigen Vorgänge mit wohlwollendem Wegsehen quittieren und im voraus durch Zahlung der lange eingefrorenen Milliardenbeträge aus der Covid-Hilfe alimentiert haben – kein Wunder, amtierte Tusk doch seit Jahren nicht nur als Vorsitzender der Europäischen Volkspartei (in der auch die CDU sitzt), sondern auch als Präsident des Europäischen Rates und war der eigentliche Themengeber hinter der westlichen Medienhetze gegen den polnischen Konservatismus.
Es liest sich wie eine böse Reminiszenz an die Ereignisse der 1920er und 1930er Jahre: In den ersten Wochen seiner Amtszeit hat Tusk den gesamten Führungsstab der öffentlich-rechtlichen Medien vom Fernsehen über das Radio bis zur Presseagentur ausgetauscht, den Kanal TVP einfach abgeschaltet, politisch mißliebige Dokus aus den Archiven gelöscht, den scheidenden Innenminister, Geheimdienstchef und ehemaligen Korruptionsbekämpfer Kamiński mitsamt seines Vizes Wąsik trotz präsidialer Amnestie in Haft nehmen lassen (erst nach einem Hungerstreik und einer zweiten Amnestie wurden sie freigelassen), ein Verfahren gegen den Nationalbankpräsidenten in Aussicht gestellt und die Rechtmäßigkeit der wichtigsten richterlichen Institutionen bestritten und ihre Beschlüsse entsprechend ignoriert.
Staatsmedien, innere Sicherheit, Verfassungsgericht, Oberstes Tribunal, Nationalbank – in einem Rundumschlag von erschreckender Brutalität und blitzartiger Kürze wurden alle zentralen Institutionen des polnischen Gemeinwesens massiv beschädigt oder gleichgeschaltet, während die EU und das deutsch-französische Tandem wegsehen oder applaudieren, wo sie sonst geringste reale oder imaginäre Verstöße gegen die Rechtsstaatlichkeit mit massivem Einspruch und empfindlichen Sanktionen quittieren.
Das erste Ziel der Regierung Tusk: Die „Lufthoheit über die Kinder“
Aber schlimmer noch als die reine Personal- und Institutionenpolitik sind die Inhalte, die damit durchgesetzt werden sollen. Tusks linksextreme Koalitionspartner haben wohl kaum ohne Grund sämtliche identitätspolitisch zentralen Ministerien erhalten (Familie, Arbeit und Soziales; Erziehung; Wissenschaft und Forschung; Digitalisierung; „Gleichheit“); und die bisherigen Aussagen der entsprechenden Amtsträger, die vor Bekenntnissen zu LGBTQ-Interessen, Befürwortung der Massenmigration, Forderungen nach Komplettreform der Unterrichtsstoffe und antichristlichen Ressentiments nur so strotzen, lassen das Schlimmste vermuten.
Kein Wunder, daß im neuen Polen der Religionsunterricht halbiert und die Finanzierung der Kirchen massiv beschnitten werden soll, während erste staatliche Einrichtungen öffentlich Kreuze abhängen und (in der Woche vor Weihnachten) Krippen entfernen ließen. Polen erlebt also eine massive identitäre Gleichschaltung an den woken Mainstream, dessen zentrales Element neben der Kontrolle über die Medien eben auch die „Lufthoheit über die Kinder“ darstellt; und es ist wohl kein Wunder, daß die erste Berufsgruppe, die eine bedeutende Erhöhung ihres Gehalts bekommen hat, die Lehrerschaft ist…
Fällt Polen nun auch in der Migrationspolitik um?
Aber dies ist erst der Anfang: Auch die Legalisierung gleichgeschlechtlicher Paare soll in den nächsten Wochen durch das Parlament gepeitscht werden, ebenso wie ein Gesetz zur Banalisierung der Abtreibung (in einem Land, das jetzt schon eine der niedrigsten Geburtenraten in Europa hat) und der Beitritt zur „Europäischen Staatsanwaltschaft“ EUSta, welche der EU weitreichende Kompetenzen im Bereich der juristischen Aufsicht über die Verwendung der allgegenwärtigen Beihilfen gewähren soll. Auch die von den deutschen Grünen heftig kritisierte Planung eines polnischen Atommeilers wurde bereits infrage gestellt, ebenso wie die militärische Aufrüstung, die die deutsche „Zeitenwende“ Lügen strafte.
Last, but not least: die Migrationspolitik. Lange zählte die Ablehnung der westeuropäischen Migrationsobsession zu den wichtigsten Merkmalen der Visegrad-Staaten; damit ist es nun vorbei. Polen ist nicht nur dem europäischen „Migrationspakt“ beigetreten, der noch von Donald Tusk mitausgehandelt worden war, und hat zugestimmt, die von Brüssel festgesetzten Quoten mittelmeerischer Asylanten aufzunehmen oder horrende Strafgelder zu zahlen.
Auch die Ostgrenze nach Weißrußland könnte jetzt geöffnet werden, wo die Vorgängerregierung einen Zaun gegen jene zehntausende muslimischer Migranten errichtet hatte, die Lukaschenko aus dem Nahen Osten einfliegen läßt: Schon vor Weihnachten ließ sich der neue polnische Parlamentspräsident publikumswirksam mit abgelehnten Asylanten photographieren, und nunmehr ging eine Petition hunderter NGOs und Influencer ein, die bisherige Pushback-Politik aufzugeben.
Die Luft wird dünn für den europäischen Konservatismus
Wofür Westeuropa mehrere Jahrzehnte gebraucht hat, das soll nun in Polen in wenigen Wochen durchgesetzt werden; notfalls verfassungswidrig und gewaltsam, wie im Falle der Besetzung von TVP mit Security oder des Einbruchs in den Präsidentenpalast zur Festnahme des ehemaligen Innenministers und seines Vizes. Freilich regt sich heftiger Widerstand und finden überall Demonstrationen gegen jenen „zentristischen Staatsstreich“ statt, doch mangels konservativer Medien, NGOs und internationaler Netzwerke (ein großes Versäumnis der scheidenden Regierung) und in Anbetracht der weitgehenden Komplizenschaft des Westens ist der Widerstand wohl vorläufig zum Scheitern verurteilt.
Die Luft wird dünn für die Konservativen in Europa, und wer sich noch auf den „Rechtsstaat“ und seine angeblich juristisch gesicherte Objektivität verläßt, dürfte bald üble Überraschungen erleben. Denn wie gerade die Deutschen wissen sollten, ist ein Rechtssystem nur so gut wie jene, die das Recht schreiben, auslegen und anwenden, oder in Paraphrase eines William Magear Tweed zugeschriebenen Diktums: „I don’t care who does the electing, so long as I get to do the nominating.“