LONDON. Die britische Regierung hat zur Entlastung der überfüllten Gefängnisse Notmaßnahmen erlassen. Damit will sie mehr Platz für diejenigen schaffen, die im Zusammenhang mit den migrationskritischen Protesten der vergangenen Wochen inhaftiert wurden. „Die entschiedenen Maßnahmen gegen die Gewalt auf unseren Straßen haben die seit langem bestehenden Kapazitätsprobleme verschärft“, erklärte die Regierung am Montag.
Konkret sollen Verdächtige, die auf ihren Prozeß warten, bis auf weiteres in Gewahrsamszellen der Polizei untergebracht oder gegen Kaution freigelassen werden. Personen in Untersuchungshaft sollen dem Richter erst dann vorgeführt werden, wenn wieder Platz in den Gefängnissen entsteht.
Diese Maßnahmen sollen in dem besonders betroffenen Norden Englands gelten. „Wir werden sicherstellen, daß jeder, der in den Knast muß, auch in den Knast kommt“, sagte der Vorsitzende der Gefängniswärtergewerkschaft Prison Officers‘ Association, Mark Fairhurst, dem Nachrichtensender BBC News. „Vielleicht nicht da, wo sie leben – möglicherweise 200, 300 Meilen von ihrem Zuhause entfernt –, aber wir werden den Betroffenen eine Gefängniszelle bereitstellen.“
‚The easiest way to describe it is one in, one out‘
Mark Fairhurst from the Prison Officers‘ Association spoke to #BBCBreakfast after the government activated ‚Operation Early Dawn‘ – emergency measures to ease prison overcrowding in Englandhttps://t.co/sURv8RnRXd pic.twitter.com/RzUqoIBDiF
— BBC Breakfast (@BBCBreakfast) August 19, 2024
Messermord von Southport erschütterte Großbritannien
Nachdem ein ruandischstämmiger Jugendlicher Ende Juli im nordenglischen Southport drei Mädchen mit einem Messer ermordet hatte, protestierten Tausende landesweit gegen Massenmigration. Vielerorts brachen Unruhen aus, an denen neben Rechtsradikalen auch Migranten beteiligt waren. Insgesamt 927 Personen wurden bisher festgenommen, gegen mehr als die Hälfte davon erhob die Justiz bereits Anklagen. Bis einschließlich Freitag bekamen 79 Personen ihre Urteile. Dazu gehören jene, die nicht direkt an den Protesten teilgenommen hatten, denen jedoch Volksverhetzung und Anstiftung zu Straftaten vorgeworfen wurde.
Bereits wenige Tage nach den Unruhen kündigte Keir Starmer eine harte Gangart an. „Ich werde nicht davor zurückschrecken, es als das zu benennen, was es ist: rechtsradikales Ganoventum“, verurteilte der Politiker der sozialdemokratischen Labour-Partei die Unruhen. Daraufhin warfen ihm rechte und konservative Politiker vor, im Vergleich zur Migrantengewalt unverhältnismäßig härter vorzugehen. „Der Eindruck einer Zwei-Klassen-Polizeipraxis hat sich breitgemacht“, beklagte Nigel Farage von Reform UK.
Zusätzlich zu den Notmaßnahmen hatte die Labour-Regierung bereits Mitte Juli eine Amnestie für bis zu 5.500 Straftäter beschlossen, darunter für verurteilte Mörder. Justizministerin Shabana Mahmood nannte die Maßnahme „den einzigen Weg, um einer Katastrophe vorzubeugen“ und beschuldigte die Sparpolitik der liberalkonservativen Tory-Vorgänger für den Zustand. (kuk)