BUDAPEST. In Ungarn ist ein deutscher Linksextremist zu drei Jahren Haft verurteilt worden. Er war im Februar vergangenen Jahres an einer Reihe politisch motivierter Gewalttaten in dem Land beteiligt gewesen, bei denen neun Menschen verletzt wurden – sechs davon schwer. Die Staatsanwaltschaft stufte den 29jährigen im Verfahren als maßgeblichen Mitbegründer einer „mit der linksextremen Ideologie sympathisierenden Organisation“ ein, wie die Nachrichtenagentur dpa berichtete. Er soll zum Kreis um die Linksextremistin Lina E. gehören.
Bereits am Montag, dem ersten Verhandlungstag, hatte der Angeklagte und später Verurteilte ein Geständnis abgelegt. „Ich bitte das Gericht und die Staatsanwaltschaft um Entschuldigung. Ich erkenne meine Schuld an und verzichte auf die mir im Verfahren zustehenden Rechte“, zitierte ihn die ungarische Zeitung Blikk.
Unterdessen haben sich am vergangenen Samstag die Eltern weiterer deutscher Tatverdächtiger, nach denen derzeit noch gefahndet wird, an die Öffentlichkeit gewandt, wie die Ostthüringer Zeitung berichtete. Die Haftbedingungen in Ungarn seien menschenunwürdig, monierten sie. Außerdem drohe den Gesuchten dort im Vergleich zu Deutschland ein „unangemessen hohes Strafmaß“. Die Staatsanwaltschaft fordere für die Verdächtigen angeblich Haftstrafen von bis zu 24 Jahren.
Wird der Verfassungsschutz die Verdächtigen vor der Auslieferung nach Ungarn bewahren?
Derweil soll auch der Verfassungsschutz in die Sache involviert sein. Sollten die mutmaßlichen Linksextremisten in Deutschland gefaßt werden, läge die Entscheidung über eine Auslieferung nach Ungarn beim Berliner Kammergericht. Demnach soll der Nachrichtendienst den Anwälten der Verdächtigen angeboten haben, in der Sache zu vermitteln. Der Vorschlag: Wenn sich die Gesuchten den deutschen Behörden stellen und Geständnisse ablegen, geht ihr Fall zur Generalstaatsanwaltschaft Dresden und sie werden nicht ausgeliefert. Die Generalstaatsanwaltschaft soll darauf bisher nicht reagiert haben und weiter auf eine Auslieferung bestehen.
Die Gruppe um Lina E. hatte in der Vergangenheit vorrangig in Deutschland vermeintliche politische Gegner brutal attackiert, bei denen sie eine rechtsextreme Gesinnung witterte. Im Februar 2023 sollen die Linksradikalen dieses Vorgehen auch in Ungarn unter Beweis gestellt haben.
So brutal gingen die Angreifer in Budapest vor
Anlaß war damals der „Tag der Ehre“, der jährlich in Budapest zelebriert wird. Dabei wird an den Kampf ungarischer und deutscher Soldaten gegen die Rote Armee während des Zweiten Weltkriegs erinnert. Anhänger der deutschen Autonomen-Szene riefen im vergangenen Jahr vorab dazu auf, nach Ungarn zu reisen und die „Nazi-Verherrlichung“ zu stoppen. „Die Kundgebung dient den Faschist*innen, sich als Opfer des Kommunismus zu imaginieren und die faschistischen Streitkräfte zu heroisieren“, wetterte die „Plattform Radikale Linke“ damals auf Facebook. Bei dem Gedenken werde Antisemitismus offen zur Schau gestellt und SS-Symbolik gezeigt.
Seit 14 Uhr stehen wir gemeinsam mit mehreren hundert Antifaschist:innen auf der Burg in Budapest. Mehrere Gruppen von Nazis versuchen in die Burg zu kommen. Wir haben den Platz in der Burg eingenommen und werden auch weiterhin hier bleiben. Kick fascists ou of Buda castle! pic.twitter.com/moOoRs3HXM
— autonome antifa [w] (@antifa_w) February 11, 2023
Die Bilanz des Gedenktages waren schließlich mehrere vermeintlich linksmotivierte, brutale Prügel-Attacken auf Passanten gewesen. Das Muster der mutmaßlichen Täter: Wer Tarnhose und Stiefel trug, wurde zusammen geschlagen. Offenbar schlossen die Angreifer von der Kleidung ihrer Opfer auf eine vermeintlich rechtsextreme Gesinnung.
Aktuell wird offenbar noch nach 14 Tatverdächtigen gesucht, darunter zehn deutsche Staatsbürger. Die Hauptangeklagte ist eine Italienerin, die die ungarischen Behörden bereits geschnappt haben. Gegen sie wird wegen versuchter lebensgefährlicher Körperverletzung ermittelt. Inhaftiert ist zudem eine deutsche Staatsbürgerin. Beide bestreiten die Vorwürfe. Geht es nach der Staatsanwaltschaft in Budapest, sollen die Italienerin und die Deutsche elf beziehungsweise dreieinhalb Jahre einsitzen müssen. (st/zit)