LONDON. Um einer Überfüllung der Gefängnisse vorzubeugen, hat die britische Regierung eine neue Notfallregelung angekündigt. Demnach sollen ausländische Bürger, die in Großbritannien Straftaten begehen, künftig kürzere Haftstrafen bekommen – nach der Verbüßung der Strafe allerdings in ihr Heimatland abgeschoben werden. Die Haftzeit könnte um 18 Monate verkürzt werden, berichtet die britische Tageszeitung The Telegraph.
Die Regelung soll lediglich ein erster Schritt in einer Reihe von Maßnahmen werden, kündigte Justizsenator Alex Chalk (Tories) an. Ein sogenanntes Early Removal Scheme (Programm zur vorzeitigen Entlassung) existiert bereits seit einigen Jahren. Bislang verkürzte die Regelung die Haftzeit allerdings um lediglich zwölf Monate. Angewendet wurde es bei Haftstrafen ausländischer Staatsbürger, außer wenn diese für Terrorismus angeklagt waren.
Derzeit sitzen etwa 10.500 ausländische Staatsbürger in britischen Gefängnissen. „Es ist richtig, daß ausländische Kriminelle bestraft werden. Aber es kann nicht richtig sein, daß einige von ihnen im Gefängnis sitzen und uns dort 47.000 Pfund Steuergeld pro Jahr kosten, obwohl man sie abschieben könnte“, rechtfertigte Chalk die Maßnahme. Anstatt die Straftäter „auf Kosten der gesetzestreuen Öffentlichkeit“ einzuquartieren, sei es sinnvoller, „Maßnahmen zu ergreifen, um sie außer Landes zu schaffen“ und dafür zu sorgen, „daß sie nie wieder kommen“.
Albanien soll gefährliche Straftäter zurücknehmen
Nach der neuen Regel würden ein britisches und ein polnisches Mitglied einer Drogenhändler-Gang beide etwa sechsjährige Haftstrafen erhalten. Während der britische Staatsbürger mindestens drei davon absitzen müßte, könnte der polnische Staatsangehörige bereits nach anderthalb Jahren in die Freiheit kommen, würde anschließend allerdings nach Polen abgeschoben werden. Nach Großbritannien dürfte er nicht wieder einreisen.
Das House of Lords kritisierte die Pläne als „wenig durchdacht“. Das Komiteemitglied und ehemaliger Lord Chief Justice, Thomas of Cwmgiedd, sagte, es könne der Eindruck entstehen, daß Ausländern die Strafe verkürzt werde, um sicherzugehen, daß britische Staatsbürger weiterhin inhaftiert werden können. „Dabei wird riskiert, daß ausländische Staatsbürger weniger Hindernisse wahrnehmen, Verbrechen zu begehen und dadurch das Vertrauen in das Justizsystem unterminiert wird“, betonte Cwmgiedd.
Neben den Abschiebemaßnahmen plant das Justizministerium noch weitere Konzepte. So sollen Haftstrafen von unter zwölf Monaten nicht in Gefängnissen, sondern mit Gemeinschaftsarbeiten verbüßt werden. Zudem sollen dem Land Albanien insgesamt acht Millionen Pfund gezahlt werden, wenn es seine 200 gefährlichsten Gefängnisinsassen aufnimmt. Darunter befinden sich 17 Täter mit lebenslangen Haftstrafen, die diese anschließend in albanischen Gefängnissen absitzen sollen. (lb)