BUDAPEST. Ungarns Ministerpräsident Viktor Orbán hat in einem Interview harte Urteile über die CDU und die EVP gefällt. Auf die Frage der Budapester Zeitung, ob er noch Hoffnung hege, daß aus der CDU wieder eine vernünftige konservative Kraft, quasi eine Kohl-CDU werde, sagte er: „Nein, diesbezüglich haben wir keinerlei Hoffnung.“ Aus ungarischer Perspektive sei die „CDU heute eine linke Partei.“
Die Europäische Volkspartei EVP bezeichnete Ungarns Regierungschef als „eine linke Parteienfamilie“. Das Problem sei, daß sie „nicht nur links, sondern sogar doktrinär links“ sei. Orbán: „Sie kann sich die Zusammenarbeit mit anderen nur so vorstellen, daß alle ihre Türen nach links geöffnet und die nach rechts geschlossen sind.“ Er habe dagegen gekämpft und diese Schlacht verloren: „Als Fidesz kämpften wir innerhalb der EVP auf verlorenem Posten. Letztlich waren wir gezwungen, uns zurückzuziehen.“
Orbán: Deswegen müssen wir die Beziehungen zur AfD opfern
Außerdem erklärte der ungarische Ministerpräsident gegenüber der deutschsprachigen Budapester Zeitung erstmals, welchen Druck die Bundesregierung in Sachen AfD auf ihn ausübt. „Es ist eine Eigenheit der deutschen Demokratie, daß es, wenn wir bezüglich der AfD aktiv würden, die zwischenstaatlichen Beziehungen beeinträchtigen würde. Das ist in der Bundesrepublik so, daran können wir nichts ändern.“
Die ungarische Regierung müsse daher Prioritäten setzen. „Für uns sind die zwischenstaatlichen Beziehungen wichtiger als jegliche Beziehungen zwischen Parteien.“ Orban: „Wir sind also gezwungen, auf dem Altar möglichst guter zwischenstaatlicher Beziehungen die Beziehungen zur AfD zu opfern.“
SPD ist die ungarnfeindlichste Partei Europas
Gleichzeitig übte er heftige Kritik an den Sozialdemokraten: „Die den Kanzler stellende SPD ist heute die ungarnfeindlichste Partei Europas. Unter solchen Umständen bedarf es natürlich großer Kraftanstrengungen, um die deutsch-ungarischen Beziehungen zu pflegen.“
Bei seinem Deutschland-Besuch vergangene Woche sei ihm klar geworden, daß die Bundesrepublik „eine Multi-Kulti-Gesellschaft geworden ist“. Das sei jetzt nicht mehr die Frage eines politischen Programms, „sondern ein Fakt“. Dieser Zustand weiche sehr stark von dem ab, wie „wir in Ungarn leben wollen“. Es bedüfe großer Kraftanstrengungen, um die Unterschiede zwischen den beiden Ländern auf immer mehr Gebieten zu überbrücken. (fh)