PARIS. In Frankreich und Großbritannien haben Gewaltausbrüche rund um das Champions-League-Finale eine hitzige Debatte über die Schuldigen entfacht. Frankreichs Innenminister Gérald Darmanin hatte am Samstag abend „tausende“ britische Liverpool-Fans beschuldigt, mit gefälschten Tickets den Zutritt ins Stadion erzwungen und Stewards angegriffen zu haben. Er dankte der Polizei für ihren Einsatz. Rund um das Stadion hatte es mehr als 200 Verletzte und chaotische Zustände gegeben. Das Spiel begann erst mit deutlicher Verspätung.
In den britischen Medien hingegen mehren sich die Vorwürfe, wonach keine Engländer für die Gewalt verantwortlich gewesen seien. Der Spectator sprach unter Verweis auf Fernsehbilder von „jungen Männern, die ein für Liverpooler Verhältnisse erstaunlich gutes Französisch sprachen und damit prahlten, daß sie umsonst ins Stadion gekommen seien“. Gemäß dem französischen Figaro waren die meisten Festgenommenen entweder französischer Nationalität oder Ausländer ohne Papiere, die aber nichts mit dem Spiel zu tun hatten. Das Boulevardblatt The Sun berichtete von Übergriffen der französischen Polizei auf Liverpooler Anhänger und einem planlosen Einlaßkonzept.
Videos zeigen Krawalle
Die Zeitschrift Valeurs Actuelles veröffentlichte am Montag eine Meldung unter Verweis auf eine Polizeiquelle, wonach unter den ersten Festgenommenen keine Engländer oder Spanier, sondern mehrheitlich Algerier (18), Tunesier (2), Marokkaner (2) und „neun Franzosen, darunter sieben mit nordafrikanischem oder afrikanischem Namen“ gewesen seien.
.@Valeurs a récupéré la nationalité des premières GAV à St-Denis samedi. Pas un anglais et pas un espagnol mais une majorité d’algériens (18), tunisiens (2), et marocains (2). “9 français dont 7 dont le nom est maghrébin ou africain” confie une source policière. #stadedefrance
— Jules Torres (@JulesTorres17) May 30, 2022
Innneminister Gérald Darmanin sprach von „Behauptungen und falschen Gerüchten“. Demnach seien „von den 29 Verhaftungen in unmittelbarer Nähe des Stade de France die Hälfte Briten“ gewesen, „darunter neun wegen Hausfriedensbruchs“.
Contrairement aux allégations et fausses rumeurs, sur les 29 interpellations aux abords immédiats du stade de France, la moitié étaient des Britanniques dont 9 pour intrusion.
— Gérald DARMANIN (@GDarmanin) May 30, 2022
In einem Fernsehinterview am Sonntag hatte die Vorsitzende des Rassemblement National, Marine Le Pen, die Ereignisse beim Champions-League-Finale zwischen Liverpool und Real Madrid als „Demütigung“ für Frankreich bezeichnet. Auch sie wies die Behauptung zurück, englische Fans seien die Auslöser des Chaos gewesen. Das Departement Seine-Saint-Denis, berüchtigt für seinen hohen Ausländeranteil, sei mittlerweile außer Kontrolle geraten.
In den sozialen Netzwerken kursieren Videos, die Schlägereien rund um das Stadion zeigen sollen. Dazu mehren sich Berichte von Real Madrid- und Liverpool-Fans, die von Jugendlichen in den Straßen angegriffen, ausgeraubt und überfallen wurden.
Agression de supporters de Liverpool #LiverpoolVsRealMadrid #saintdenispic.twitter.com/IXBJfeAvfK
— Fdesouche.com est une revue de presse (@F_Desouche) May 29, 2022
„Ausländische Enklave“
„Es schmerzt mich und macht mich traurig zu sehen, wie die Stadt der Könige zu einer ausländischen Enklave wird, in der die Menschen nicht mehr nach französischer Art gekleidet sind und die Ordnung von Schlägerbanden und Drogenhändlern aufrechterhalten wird“, beklagte Präsidentschaftskandidat Eric Zemmour auf Twitter. Vor dem Spiel hatte auch der ehemalige Weltklassespieler Thierry Henry in einer Fernsehsendung erklärt: „Das Finale findet in Saint-Denis statt, nicht in Paris. Vertrauen Sie mir, Sie wollen nicht in Saint-Denis sein.“
Thierry Henry before the Champions League Final:
“The final is in Saint-Denis, not Paris. Trust me, you don’t want to be in Saint-Denis.” pic.twitter.com/UJmhb9lUQm
— Zach Lowy (@ZachLowy) May 29, 2022
(ha)