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Hamas eskaliert Konflikt: Raketenhagel auf Israel: Jerusalem als Ziel ist kein Zufall

Hamas eskaliert Konflikt: Raketenhagel auf Israel: Jerusalem als Ziel ist kein Zufall

Hamas eskaliert Konflikt: Raketenhagel auf Israel: Jerusalem als Ziel ist kein Zufall

Das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ im Einsatz über Aschkelon
Das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ im Einsatz über Aschkelon
Das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ im Einsatz über Aschkelon Foto: amir cohen | Amir Cohen
Hamas eskaliert Konflikt
 

Raketenhagel auf Israel: Jerusalem als Ziel ist kein Zufall

Die Hamas feuert bis Dienstag nachmittag mehr als 300 Raketen auf Israel ab. Erstmals seit 2014 wird auch Jerusalem attackiert. Das Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ fängt die meisten davon ab. Doch Israel beklagt auch zwei Tote und reagiert mit Luftangriffen. Die Kämpfe könnten noch Tage anhalten.
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Deborah Benson-Ben Aderet hat die Nacht im Keller verbracht. Ihre beiden Töchter im Alter von vier und sechs Jahren haben gemeinsam mit dem Vater oben geschlafen, im Luftschutzraum, der zugleich ihr Schlafzimmer ist. Rund 20 Mal wurde allein bei ihnen in Zikim im Süden Israels seit Montag abend Raketenalarm ausgelöst. Fünf Sekunden Zeit hat die Familie dann, um sich in Sicherheit zu bringen, denn der kleine Kibbuz liegt gerade einmal drei Kilometer nördlich des Gazastreifens.

Vor allem zwischen fünf und sechs Uhr am Dienstag morgen und erneut in den Mittagsstunden hagelten die Geschosse von dort aus regelrecht auf das Gebiet rund um Zikim nieder. Immerhin: Die Kinder konnten den lauten Explosionen zum Trotz fast durchschlafen, erzählt Benson-Ben Aderet im Gespräch mit der JUNGEN FREIHEIT. Sie selbst hat nicht wirklich Ruhe gefunden, schildert sie.

Über 300 Raketen, zwei Israelis sterben

Zwar fängt das mobile Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ die meisten Geschosse ab. Die Traumatisierung der Bevölkerung kann jedoch selbst der beste Abwehrschirm nicht verhindern. Zudem schaffen es immer wieder einige Raketen, die „Eiserne Kuppel“ zu durchbrechen: Rund zehn Kilometer nördlich von Zikim, in der 150.000-Einwohner-Stadt Aschkelon, schlugen am Dienstag Projektile in mehreren Gebäuden, darunter einer Schule, ein. Bereits am Montag war beschlossen worden, alle Bildungseinrichtungen im Süden zu schließen.

Bis zum Nachmittag zählte Israel Medienberichten zufolge mehr als 300 Raketen, zwei Tote und mehr als 20 Verletzte. Die Armee reagierte mit Schlägen gegen mehr als 130 militärisch-terroristische Ziele im Gazastreifen. Nach Angaben von Sprecher Jonathan Conricus am Mittag wurden dabei über 15 Terroristen getötet. Berichte aus dem Hamas-Umfeld, wonach es auch mehrere minderjährige Opfer gibt, sind kaum zu verifizieren. Zudem kann nicht ausgeschlossen werden, daß die Ursache in fehlgeschlagenen palästinensischen Raketenabschüssen liegt. Die Nachrichtenagenturen AFP und AP sprachen von 22 bis 26 Opfern. Darunter befänden sich neun Kinder.

Neue Qualität der Angriffe

Für die Bewohner an der Gaza-Grenze ist Raketenbeschuß nichts neues. In den Jahren 2018 und 2019 schickten palästinensische Terroristen insgesamt deutlich über 2.000 Geschosse auf die israelischen Ortschaften im Grenzgebiet. Im vergangenen Jahr war es hingegen ruhiger. Nun geht es wieder los. Neben Raketen setzen die Terroristen zudem auf Brandballons, die hektarweise israelisches Land verbrennen.

Von den Eskalationsrunden der vergangenen Jahre unterscheidet sich die aktuelle vor allem dadurch, daß sie am Montagabend gegen 18 Uhr Ortszeit mit mehreren Raketen auf Jerusalem begonnen hatte. Die israelische Hauptstadt stand zuletzt während des Gaza-Kriegs 2014 unter Beschuß. Daher löste der Alarm besondere Aufregung aus. „Erst wenn Jerusalem betroffen ist, kommt der Raketenbeschuß in die Schlagzeilen, empört sich Benson-Ben Aderet in Sikim, die in den vergangenen Jahren immer wieder Raketenalarm ertragen mußte.

In den sozialen Netzwerken berichteten am Abend selbst Bewohner Zentralisraels davon, daß sie in Kleidung zu Bett gehen würden, um im Falle eines Alarms schnell genug bereit zu sein. In der Gegend um Tel Aviv schlossen einige Schulen ihre Tore. Bislang blieb die Metropolregion am Mittelmeer jedoch vom Raketenhagel verschont.

Auseinandersetzungen am „Jerusalem-Tag“

Daß auch Jerusalem ins Visier palästinensischer Terroristen geriet, ist kein Zufall. Am Montag fanden dort Veranstaltungen zum alljährlichen „Jerusalem-Tag“ statt, der an die Wiedervereinigung der Stadt seitens Israels vor 54 Jahren erinnert. Zudem gibt es bereits seit Wochen vermehrt Spannungen zwischen Palästinensern und Juden. Zuletzt kam es vor allem auf dem Tempelberg zu schweren Ausschreitungen: Palästinenser warfen Steine und Feuerwerkskörper in Richtung Polizei, die mit Gummigeschossen und Blendgranaten reagierte.

Grund ist nach palästinensischer Lesart unter anderem ein arabisch-jüdischer Eigentumsstreit um Grundstücke im Ostjerusalemer Stadtteil Scheich Dscharrah, wo eine jüdische Organisation ein Besitzrecht geltend machen will. Die Palästinenser sprechen von „Vertreibung“, Israel sieht darin hingegen einen Konflikt Privater, der schon seit Jahren vor Gericht ausgetragen und nun von palästinensischer Seite gezielt angeheizt werde.

Nicht zuletzt dürften auch innerpalästinensische Konflikte eine Rolle spielen: Eigentlich sollten am 22. Mai Parlamentswahlen in den Autonomiegebieten stattfinden. Doch Ende April sagte der Präsident der Selbstverwaltung und Fatah-Politiker Mahmud Abbas die Abstimmung ab – gegen den Willen der rivalisierenden Hamas, die sich nun als „Schutzschild des palästinensischen Volkes“ zu inszenieren versucht.

Der Beschuß Südisraels hielt am Dienstag nachmittag unvermittelt an. Auch bei Deborah Benson-Ben Aderet in Sikim ist keine Entspannung in Sicht. Bereits am Montag hatte es aus dem israelischen Militär geheißen, daß die aktuellen Kämpfe einige Tage anhalten könnten. Möglicherweise gelingt es dann Vermittlern wie Ägypten oder Katar, einen weiteren brüchigen Waffenstillstand zu vermitteln – bis es irgendwann zum nächsten Gewaltausbruch kommt.

Das israelische Raketenabwehrsystem „Iron Dome“ im Einsatz über Aschkelon Foto: amir cohen | Amir Cohen
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