WIEN. Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) hat die Pläne Deutschlands und Frankreichs für ein europäisches Wirtschaftshilfsprogramm kritisiert. „Unsere Position bleibt unverändert“, schrieb Kurz am Montag abend auf dem Kurznachrichtendienst Twitter. Österreich sei gegen Finanzhilfen in Form von Zuschüssen mit gemeinsamer Haftung.
„Wir werden uns weiterhin solidarisch zeigen und Länder, die am stärksten von der Corona-Krise betroffen sind, unterstützen, jedoch muß dies über Kredite erfolgen und nicht über Zuschüsse“, konkretisierte der ÖVP-Chef gegenüber der Nachrichtenagentur APA. Dazu habe er sich mit den Regierungschefs Dänemarks, Schwedens und der Niederland ausgetauscht.
Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Frankreichs Präsident Emmanuel Macron (En Marche) hatten zuvor am Montag ein Hilfsprogramm vorgestellt, mit dem die Wirtschaft vor allem in den von der Corona-Krise stärker betroffenen EU-Mitgliedsstaaten angekurbelt werden soll. Der Plan sieht vor, daß die EU über die Kommission 500 Milliarden Euro aufnimmt, sie an Länder wie Spanien und Italien verteilt und die Mitgliedsstaaten die Summe über den EU-Haushalt zurückzahlen.Deutschland müßte rund 27 Prozent davon tragen.Dieser Erweiterung des Haushalts müssen alle EU-Mitgliedsstaaten zustimmen.
Geldnehmer sollen nichts zurückzahlen müssen
„Ziel ist, daß Europa gestärkt, zusammenhaltend und solidarisch aus dieser Krise kommt“, begründete Merkel den Vorstoß. Das Coronavirus wirke sich in den europäischen Ländern unterschiedlich stark aus, weshalb der Zusammenhalt in der Union gefährdet sei. Mit der „außergewöhnlichen Kraftanstrengung“ sollten insbesondere Investitionen in den digitalen und ökologischen Wandel gefördert werden.
Macron sprach von einer „bedeutenden Etappe“. Eine Einigung zwischen Deutschland und Frankreich sei zwar keine Einigung der 27 Mitgliedsstaaten. „Aber es gibt keine Einigung zwischen den 27, wenn Deutschland und Frankreich sich nicht vorher geeinigt haben.“ Er stellte klar, daß die Hilfen von den Nehmerländern nicht zurückgezahlt werden bräuchten. Die gemeinsamen Schulden sollten über einen Zeitraum von rund 20 Jahren aus dem EU-Haushalt abgestottert werden.
Lob von EU-Kommissionschefin von der Leyen
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (CDU) lobte den Vorschlag. Es handle sich dabei um einen „konstruktiven“ Plan, der „Umfang und Größe der wirtschaftlichen Herausforderung“ anerkenne. Auch EZB-Chefin Christine Lagarde stellte sich laut ARD-„Tagesschau“ hinter Merkel und Macron.
In den vergangenen Wochen waren vor allem von Italien, Frankreich und Spanien Forderungen nach gemeinsamen Anleihen laut geworden. Länder wie Österreich, die Niederlande, Finnland oder Dänemark sprachen sich jedoch gegen eine gemeinsame Haftung aus. Auch die deutsche Regierung lehnte sogenannte Corona-Bonds ab. (ls)