Billy Six sitzt seit 103 Tagen in Einzelhaft. Seit drei Tagen befindet er sich im Hungerstreik. Jetzt zerrte das Maduro-Regime in Venezuela den deutschen Kriegsreporter nachts vor ein Militärtribunal in Punto Fijo und entgegen den Abmachungen ohne seinen Vertrauensanwalt. Die Stadt ist 530 Kilometer von Caracas entfernt.
Aber das deutsche Auswärtige Amt spricht davon, alles nur erdenklich Mögliche für den Freien Journalisten zu tun, der auch für die JUNGE FREIHEIT aus Krisengebieten berichtet. Das Nichthandeln des deutschen Außenministers Heiko Maas (SPD) ist ein politischer Skandal!
„Wir haben bisher keine Rückmeldung nach dem Militärprozeß“, sagte Billys Vater Edward Six gegenüber dieser Zeitung. „Das könnte gegebenenfalls auch bis nächsten Montag dauern, falls sie ihn zurück nach Caracas gebracht haben.“
Six sitzt seit Mitte November in Haft
Rückblick: Am 17. November 2018 wurde Billy Six festgenommen. Er recherchierte in Venezuela über die prekäre innenpolitische Lage des sozialistischen Landes. Die Polizei transportierte ihn in das berüchtigte Geheimdienstgefängnis El Helicoide nach Caracas.
Dort sitzt er seitdem in Einzelhaft. Die deutsche Botschaft und das Auswärtige Amt hüllten sich auf Nachfrage in Schweigen. Erst die JF machte Reporter ohne Grenzen auf die rechtswidrige Inhaftierung des Kollegen aufmerksam, die dann allerdings reagierten und Six’ Freilassung forderten, wie auch der Welt-Journalist Deniz Yüzel.
Billy Six war über Monate ohne anwaltliche Vertretung. Er bekam nicht in ausreichendem Maße Medikamente. Lange Zeit blieben die Gründe der Verhaftung im Dunkeln. Dann stellte sich heraus, daß er wegen folgender Vorwürfe in Haft sitzt: Spionage, Rebellion, Übertretung von Sicherheitszonen.
Das Auswärtige Amt antwortet gebetsmühlenartig
Politiker der AfD und auch einzelne der CDU setzen sich für Billy Six ein, fordern den SPD-Außenminister Heiko Maas auf, alles erdenklich Mögliche für dessen Freilassung zu tun. Die Antworten aus dem Auswärtigen Amt sind ein Schlag ins Gesicht jedes rechtsstaatlich denkenden Bürgers der Bundesrepublik Deutschland.
Das Auswärtige Amt schreibt – fast gleichlautend auf die Bitten um Hilfe – und das gebetsmühlenartig: „Die Deutsche Botschaft Caracas setzt sich auch weiterhin mit Nachdruck dafür ein, die konsularische Betreuung sicherzustellen. Das Auswärtige Amt setzt sich gegenüber der venezolanischen Seite für ein rechtsstaatliches Verfahren ein.“ Ute und Edward Six’ Empörung über das ausbleibende Engagement des Auswärtigen Amtes ist um so verständlicher, wenn man sich die Antwort der Bundesregierung auf eine Kleine Anfrage der AfD-Bundestagsfraktion „Verschleppung des deutschen Kriegsreporters Billy Six durch den venezolanischen Geheimdienst“ durchliest.
Bundesregierung verweist auf Bericht über Folter in Venezuela
Auf die Frage, ob die Bundesregierung Kenntnisse von Folterungen in Venezuela habe, verweist diese auf den Bericht der Organisation Amerikanischer Staaten vom 29. Mai 2018: „Report of the General Secretariat of the Organization of American States and the Panel of Independent International Experts on the Possible Commission of Crimes Against Humanity in Venezuela”.
Der Bericht dokumentiere zahlreiche Fälle von Folter, wie die Bundesregierung selbst schreibt. Wie Außenminister Maas dann auch nur im Mindesten auf die Idee kommen kann, daß ein rechtsstaatliches Verfahren in Venezuela überhaupt möglich erscheint, erschließt sich nicht.
Für die Eltern bleibt die Ungewißheit
Ob das Militärgericht ein Urteil gefällt hat und wie es ausgefallen ist, wissen die Eltern nicht. Edward Six sagte: „Nächsten Montag kann der Vertrauensanwalt ihn wieder besuchen, da wissen wir dann auf jeden Fall was Genaueres.“ Sicher ist allerdings, so Edward Six, daß es jetzt zwei Verfahren gibt. Das vor dem Militärgericht und ein Zivilverfahren. Zuvor hieß es, daß es entweder ein militärisches oder ein ziviles geben würde.
„Wir gehen davon aus, daß alles seinen sozialistischen Gang gegangen ist“, sagt Edward Six bitter. Ob er damit nur die venezolanische Vorgehensweise meint?