KABUL. Der afghanische Präsident Aschraf Ghani sieht die Auswanderung seiner Landsleute nach Deutschland kritisch. „Wir wollen nicht unsere Leute losschicken – wir wollen unsere Waren schicken“, sagte er der Bild-Zeitung.
Es gebe in Afghanistan „den Irrglauben, die Straßen in Deutschland seien mit Gold gepflastert. Das sind sie nicht.“ Konkret appellierte Ghani an die Mittelschicht, das Land nicht gen Westen zu verlassen. „Leute, die ansonsten der Mittelschicht angehören würden und Teil einer lebhaften unternehmerischen Chancenvielfalt wären, verrichten dann in Deutschland handwerkliche Tätigkeiten.“ Diese stellten „einen starken Abstieg für diese Menschen“ dar.
„Bitte verurteilen Sie nicht die gesamte Nation für zwei oder drei Leute“
Auf Chemnitz angesprochen warnte der Präsident vor einer Stigmatisierung der einwanderungskritischen Protestierer. Man müsse anerkennen, „daß die Ängste auf Ungewißheiten zurückgehen, und wir sollten die Demonstranten nicht dämonisieren. Sie müssen eingebunden werden.“ Seine Mahnung: „Bitte verurteilen Sie nicht die gesamte Nation für zwei oder drei Leute.“
Ghani zufolge werden viele afghanische Auswanderer in die Heimat ihrer Eltern zurückkehren. Er glaube, „daß die dritte Generation von Afghanen sehr wahrscheinlich zurückkommen und dieses Land umgestalten wird“.
Gleichzeitig betonte er, Deutschland benötige angesichts der niedrigen Geburtenraten Arbeitsmigration. „Sie brauchen das Hinzufügen einer jüngeren Generation.“ Die Diskussion, wie Europa seine Demographie aufrechterhalten könne, sei sehr wichtig. Die Fähigkeit einer Gesellschaft, Menschen aufzunehmen, sei viel größer als es die Angstmacher glaubten.
Dank an deutschen Steuerzahler
Auch dankte Ghani den „deutschen Soldaten und vor allem Bundeskanzlerin Angela Merkel“ für das militärische Engagement am Hindukusch. Ghani ergänzte: „Und auch den deutschen Steuerzahlern, die die Rechnung bezahlen.“ (tb)