BARCELONA. Die katalanische Polizei (Mossos) wird sich möglicherweise einer Anordnung Madrids widersetzen, Wallokale für das Unabhängigkeitsreferendum zu schließen. Es berge die Gefahr „ungewünschter Folgen“, wenn die rund 16.000 Beamten des Mossos die Öffnung der Wahllokale verhinderten, heißt es von Seiten der katalanischen Polizei. Damit gehe das „mehr als vorsehbare Risiko“ einher, daß die öffentliche Ordnung gestört werde.
Bereits zuvor hatte Madrid seine Anstrengungen, Internetseiten der Referendumsbefürworter zu sperren, ausgeweitet. Mehrere Seiten, darunter die der Assemblea Nacional Catalana, wurden vom Netz genommen. Zudem hat die „Guardia Civil“ Wahlzettel für das Referendum beschlagnahmt und den Regierungssitz der katalanischen Autonomieregierung durchsucht.
Ex-Richter Garzón kritisiert Rajoy
Madrid sperrte zudem der katalanischen Regierung sämtliche Konten und setzte damit de facto die Autonomie der Region außer Kraft. Die Suche nach Wahlurnen für die Abstimmung am Sonntag blieb bisher erfolglos.
Kritik an dem Vorgehen kommt inzwischen auch vom ehemaligen Richter am Obersten Gerichtshof Spaniens, Baltasar Garzón. Er beschuldigte die Regierung von Mariano Rajoy, „die Institutionen zu mißbrauchen“, in seinem Bestreben, die Abstimmung zu verhindern.
Mehrere katalanische Politiker, darunter die rechte Hand von Vize-Regierungsschef Oriol Junqueras, wurden von der spanischen Polizei verhaftet. Gegen rund 700 katalanische Bürgermeister wurden Verfahren eingeleitet, da sie sich geweigert hatten, spanischen Forderungen nachzukommen, das Referendum in ihren Gemeinden zu verhindern.
Rajoy gibt Katalanen die Schuld an der Eskalation
Vergangene Woche gab Rajoy der katalanischen Regierung die Schuld an der Verschärfung der Lage. Die Unabhängigkeitsbefürworter müßten ihre „Eskalation des Radikalismus und des Ungehorsames“ beenden, sagte Rajoy. Noch sei es Zeit, größere Probleme abzuwenden. (tb)