Nach dem Wahlsieg Trumps war das Gejammere in der linksliberalen Medienlandschaft Deutschlands laut. Auch Spiegel Online stimmte ein und verlinkte ein Video des Afroamerikaners Van Jones. Dieser war unter Obama für Umweltpolitik verantwortlich. In dem kurzen Ausschnitt bezeichnete Jones das Wahlergebnis als Alptraum.
Er habe moslemische Freunde, die sich um ihre Sicherheit sorgten. Trumps Erfolg sei ein „White Lash“, also ein Aufbäumen der rassistischen Weißen gegen das bunte Amerika Obamas. Georg Diez sprach sogar vom „Bürgerkrieg des weißen Mannes.“
Vergleich mit moderaterem Romney
Lassen wir einmal beiseite, daß das Wahlergebnis nur wenig über die amerikanischen Wähler aussagt: schließlich erhielt Hillary Clinton mehr Stimmen als Donald Trump. Können wir die These vom Kampf zwischen braunem und buntem Amerika verifizieren?
Ja, schließlich weisen die Exit Polls das Ergebnis fein nach Rassen sortiert aus. Trump bediente sich scharfer Rhetorik, doch wirkte sie sich entscheidend auf das Wahlergebnis aus? Vergleichen wir ihn mit seinem Vorgänger Mitt Romney, der deutlich moderater die Fragen Islam und Einwanderung ansprach:
Stimmen für Trump 2016: | Stimmen für Romney 2012: |
Weiße: 58 Prozent | Weiße: 59 Prozent |
Schwarze: 8 Prozent | Schwarze: 6 Prozent |
Latinos: 29 Prozent | Latinos: 27 Prozent |
Asiaten: 29 Prozent | Asiaten: 26 Prozent |
Stimmen insgesamt: 47,5 Prozent | Stimmen insgesamt: 47,2 Prozent |
davon Minderheiten: 6,3 Prozent | davon Minderheiten: 5 Prozent |
Ohne die Stimmen der Minderheiten hätte Trump also vermutlich verloren. Wichtiger für den Wahlerfolg dürften daher das Versprechen nach alter Größe und neuen Arbeitsplätzen gewesen sein. Trumps Anti-Establishment-Kurs richtete sich farbenblind gegen die politische Elite allgemein, also gegen Schwarze wie Obama und Weiße wie Clinton gleichermaßen. Auch das läßt sich aus den Exit Polls ablesen.
Befragt nach ihren Prioritäten bei dieser Wahl gaben die 47,5 Prozent der Trump-Wähler an: 22.2 Prozent Wirtschaft, 10,3 Prozent Terrorismus, 8,3 Prozent Einwanderung, 4,4 Prozent Außenpolitik. Und warum sollten ausgerechnet Schwarze, Latinos und Asiaten keine Angst vor einem Anschlag des Islamischen Staates haben?
Ehemalige weiße Obama-Wähler
Seine wichtigsten Erfolge erzielte Trump im 2012 noch demokratischen und überwiegend weißen „Rust Belt“ (Industriegebiete). Hier kann er sich also nicht nur auf Rassisten verlassen, sondern muß zwangsläufig auch ehemalige weiße Obama-Wähler umgestimmt haben.
Bei den Senatswahlen gewannen Catherine Cortez Masto (mexikanisch) in Nevada, Tammy Duckworth (thailändisch) in Illinois und Kamala Harris (indisch-jamaikanisch) in Kalifornien. Insgesamt steigt die Zahl der nicht-weißen Abgeordenten in Senat und Abgeordnetenhaus (insgesamt 535 Sitze) auf 98. Bei den letzten Präsidentschaftswahl vor vier Jahren hatte diese Zahl noch bei 86 gelegen.
Republikaner wählen nicht automatisch rassistisch
Außerdem, so Gerüchte, will Trump den schwarzen Neurochirurgen Ben Carson (weltberühmt für seine Trennungen von siamesischen Zwillingen) zum Bildungs- oder Gesundheitsminister berufen.
Daß Republikaner nicht automatisch rassistisch wählen, zeigen zudem der ehemalig Gouverneur Bobby Jindal und amtierende Gouverneur Nikki Hayley (indisch), sowie Susana Martinez und Brian Sandoval (mexikanisch) und die Senatoren Ted Cruz und Marco Rubio (kubanisch), sowie Tim Scott (schwarz).
42 Prozent der Frauen wählen Trump
Und natürlich waren fast alle Trump-Wähler Männer, oder etwa nicht? Schließlich war doch erst im vorigen Monat ein Tonband aufgetaucht, in dem der Präsidentschaftskandidat sich damit brüstete, Frauen ungestraft intim betatschen zu dürfen. Die amerikanischen Frauen hätten daher erst recht allesamt für Hillary gestimmt. Tatsächlich wählten 53 Prozent der Männer und immerhin 42 Prozent der Frauen Trump. Mitt Romney erzielte jedoch mit 52 Prozent beziehungsweise 44 Prozent ein nur minimal anderes Ergebnis.
Die These vom rassistischen und sexistischen Republikaner, dem man selbstredend intellektuell überlegen ist, mag die Hillary-Anhänger in dieser schweren Stunde trösten. Die Realität spricht jedoch eine andere Sprache.
Entscheidend war ein ganz anderer Faktor, nämlich die sinkende Wahlbeteiligung. Während die Republikaner in etwa ihr vorheriges Ergebnis wiederholten, erlitten die Demokraten massive Einbrüche. Diese Wähler wechselten aber nicht zum politischen Gegner, sondern blieben schlicht zuhause. Die Amerikaner waren also keineswegs von Trump begeistert, sondern vielmehr von Clinton enttäuscht. Der Demokratin gelang es nicht, ihre Stammwähler zu mobilisieren.