MÜNCHEN. Die Zahl der Zwangsverheiratungen von minderjährigen Mädchen in Flüchtlingsunterkünften ist deutlich gestiegen. Nach Angaben der Hilfsorganisation SOS-Kinderdörfer seien vor dem Krieg in Syrien bei 13 Prozent aller Hochzeiten einer oder beide Ehepartner jünger als 18 Jahre gewesen. Nun seien es über 51 Prozent. Vor allem in Flüchtlingslagern in Jordanien, im Libanon, im Irak und in der Türkei habe sich die Zahl der Zwangsehen erhöht.
Dabei handelten die Eltern oft im besten Glauben. „Eine Ehe soll ihren Töchtern in der unsicheren und instabilen Fluchtsituation helfen, sie finanziell, aber auch körperlich abzusichern und ihre Ehre zu bewahren“, sagte die Leiterin der SOS-Kinderdörfer im Nahen Osten, Alia Al-Dalli. „Häufig wird auch eine Mitgift an die Eltern gezahlt, um eine Heiratserlaubnis zu erhalten. Deshalb ist Armut leider ein häufiger Beweggrund für syrische Eltern, ihre Töchter zu verheiraten.“
Die Folgen für die Mädchen seien verheerend, warnte die Organisation. Viele würden die Schule abbrechen, seien sozial isoliert und würden oft Opfer von häuslicher Gewalt und sexuellem Mißbrauch durch die in der Regel wesentlich älteren Ehemänner. „Die Eltern und Kinder müssen aufgeklärt und unterstützt werden, damit sie keiner Kinderehe zustimmen. Außerdem müssen Gesetze Ehen von Minderjährigen verbieten“, forderte Al-Dalli. (ho)