WARSCHAU. Die Grenzschutzagentur Frontex hat den europäischen Staaten vorgeworfen, nicht die notwendigen Konsequenzen aus der Asylkrise gezogen zu haben. „Die größten Gefahren und Schwachstellen, die sich auf die Region auswirken, haben sich im Vergleich zu den vergangenen Jahren nicht verändert“, heißt es in einer Analyse der Behörde, die der Welt vorliegt.
In einem Maßnahmenkatalog schlägt Frontex vor, die Türkei solle weiterhin dabei unterstützt werden, den Asylstrom nach Europa einzudämmen. Zudem sollen die Grenzen nach Griechenland und Bulgarien verstärkt werden. Ein nochmaliges „Weiterreichen“ von Asylsuchenden müsse vermieden werden, betonte die Behörde mit Sitz in Warschau. Dies habe den Ausschlag gegeben für die „frappierend“ hohen Asylzahlen. Allerdings wird vor nationalen Alleingängen gewarnt.
Zwei Millionen illegale Grenzübertritte
Insgesamt mehr als zwei Millionen illegale Grenzübertritte auf dem Westbalkan registrierte die Agentur im vergangenen Jahr. Das seien 30 Mal so viele wie im Jahr davor. Für die Grenzschutzagentur bedeutet das die größte Migrationskrise in Europa seit dem Zweiten Weltkrieg.
Hintergrund der Krise waren demnach vor allem der anhaltende Bürgerkrieg in Syrien, die Terrormiliz „Islamischer Staat“ und das Wiedererstarken der Taliban in Afghanistan. Mit Schuld seien auch „konfuse“ Signale aus den europäischen Staaten gewesen. Während einige von ihnen auf restriktive Maßnahmen gesetzt hätten, hätten andere eine Willkommenspolitik beschlossen.
Soziale Netzwerke und Pariser Attentäter
Laut der Behörde hätten vor allem Gerüchte und Erwartungshaltungen großen Einfluß auf die Entscheidung von möglichen Asylsuchenden gehabt. „Viele angehende Migranten aus Syrien, Iran, Irak, Nordafrika oder Pakistan entschlossen sich in Massen zur Reise nach Griechenland, nachdem sie überzeugt waren, daß die westliche Balkanroute offenstand – sie also sicher waren, daß die Weiterreise schnell und günstig ist und bestimmte Mitglieder der Europäischen Union sie aufnehmen werden“, schreibt die Agentur.
Vor allem über soziale Netzwerke seien solche Gerüchte gestreut worden, wobei es sich als schwierig erwiesen habe, dagegen vorzugehen. Sicherheitsrisiken seien mit der schwierigen Identitätsüberprüfung verbunden. Frontext weist etwa darauf hin, daß mindestens zwei der Pariser Terrorattentäter mit falschen Identitäten und als Asylsuchende getarnt nach Europa gelangt seien. (ls)