Die Reaktionen der politischen Gegner auf den Kompromißvorschlag Erika Steinbachs im Streit um ihre Nominierung für den Beirat der Stiftung „Flucht, Vertreibung, Versöhnung“ kamen prompt und waren wenig überraschend. Von einem „erpresserischen Versuch“ sprach Bundestagsvizepräsident Wolfgang Thierse (SPD), während Grünen-Chefin Claudia Roth den Vorwurf variierte und Steinbach unterstellte, diese stelle „dreist ihre Lösegeldforderung“.
Zuvor hatte Steinbach am Dienstag in ihrer Funktion als Präsidentin des Bundes der Vertriebenen (BdV) ihre Bereitschaft erklärt, auf einen Sitz im Beirat der Vertriebenenstiftung zu verzichten (siehe auch Seite 2). Damit wolle man die politische Auseinandersetzung beenden, die um die Besetzung entstanden ist. Diese sei „singulär, an Peinlichkeit schwerlich zu überbieten und unserer Demokratie unwürdig“, heißt es in einer Erklärung des BdV.
Voraussetzung für diesen Verzicht sei jedoch, daß im Gegenzug dafür künftig die „politische Bevormundung“ bei der Benennung des Stiftungsrates ausgeschlossen und der Rat um weitere Vertriebenenvertreter aufgestockt wird. Der Vertriebenenverband solle die Zahl seiner Vertreter im Stiftungsrat so erhöhen können, daß die „sehr unterschiedlichen deutschen Siedlungs- und Vertreibungsregionen besser als bisher widergespiegelt werden“.
Außerdem müsse die vorgesehene Ausstellungsfläche im Berliner Deutschlandhaus vergrößert und die Stiftung aus der bisherigen Trägerschaft des Deutschen Historischen Museums gelöst werden, um deutlich zu machen, daß es sich um eine „Menschenrechtsstiftung“ handele.
Der BdV hatte im März vergangenen Jahres auf eine Nominierung Steinbachs für den Stiftungsrat zunächst verzichtet, da sonst die Bestätigung des Gremiums durch die Bundesregierung am Widerstand der SPD gescheitert wäre.
Im November hatte auch der neue Außenminister und FDP-Chef Guido Westerwelle einen Verzicht der BdV-Chefin gefordert. Er kündigte an, Steinbachs Nominierung notfalls mit einem Veto im Kabinett zu verhindern, da sonst die Beziehungen zu Polen belastet würden. Nun sagte Westerwelle, er werde die Vorschläge des BdV prüfen.
Aus der Union erhielt Steinbach, die für die CDU im Bundestag sitzt, Unterstützung für das Kompromißangebot ihres Verbandes. Der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Hans-Peter Uhl (CSU), rief den Koalitionspartner im Tagesspiegel auf, dem Kompromißvorschlag Steinbachs zuzustimmen: „Die FDP und ihr Vorsitzender wären gut beraten, die ausgestreckte Hand entgegenzunehmen.“
Uhl stellte sich auch ausdrücklich hinter Steinbachs Forderung, dem Bund keinen Einfluß auf die Stiftungsratsbesetzung mehr zu gewähren. „Es wäre ein Ausdruck der Achtung vor den 15 Millionen deutschen Vertriebenen, wenn die sozialistische Bevormundung durch die Bundesregierung endlich beseitigt würde“, sagte Uhl.
Der CSU-Europaabgeordnete Bernd Posselt forderte, das Bestellungsrecht der Bundesregierung per Gesetzesänderung zu beseitigen. „Das wäre die sauberste Lösung.“ Wenn sich die Regierung dagegen auf ein Vetorecht versteife, könne es durchaus sein, daß sich die Vertriebenen „juristisch dagegen wehren“.
Für den Fall, daß alle Bemühungen um eine Lösung des Streits scheitern, stellte Steinbach einen Rückzug der Vertriebenen aus der Bundesstiftung in Aussicht.