Auch wenn die Massenmedien gerne suggerieren, die Präsidentschaftswahl finde nur zwischen Barack Obama und John McCain statt, gibt es auch hier Alternativen zu den „Großen“, die traditionell mit dem Symbol des Elefanten (Republikaner) und des Esels (Demokraten) versehen werden. Voraussichtlich bis zu 16 Bewerber werden auf dem Stimmzettel (Ballott) der Bundesstaaten zu finden sein – wenn sie ausreichend Unterschriften zusammenbekommen. Hinzu gesellen sich vielleicht 45 Bewerber, die nicht auf dem Stimmzettel stehen werden, sich aber für „write in“-Stimmen registrieren ließen, also vom Wähler auf den Stimmzettel geschrieben werden können. Zu den ernsthafteren Kandidaten zählen zwei frühere Abgeordnete des Repräsentantenhauses aus Georgia. Für die Grünen bewirbt sich die farbige Bürgerrechtlerin und Ex-Demokratin Cynthia McKinney. Bob Barr hingegen wechselte vom rechten Flügel der Republikaner in Georgia zur Libertarian Party (LP). Der 59jährige ist die wohl schillerndste Figur unter den „dritten Kandidaten“. Im US-Kongreß galt er als einer der eifrigsten Tugendwächter in der Monica-Lewinsky-Affäre von Präsident Bill Clinton. 2002 schmähte ihn die LP als „schlimmsten Drogenkrieger“ im Parlament. Daß sich die Libertären für ihn als Präsidentschaftskandidaten entschieden – freilich erst im 6. Wahlgang -, mag damit zusammenhängen, daß die Partei einen populären Dissidenten der großen Parteien benötigte. Libertärer Bob Barr könnte McCain Stimmen wegnehmen Bei den letzten Wahlen lagen LP-Bewerber unter einem Prozent der Stimmen. Diesmal peilt Barr, der in mindestens 49 US-Bundestaaten auf dem Stimmzettel stehen will, drei bis sechs Prozent an. So könnte Barr zu einem unliebsamen Konkurrenten für McCain werden und ihm die Rolle eines „spoilers“ zukommen, eines politischen Außenseiters, der mit seiner Kandidatur den Bewerber einer großen Partei um den Sieg bringt. Bei den Wahlen des Jahres 2000 galt der nonkonforme Verbraucheranwalt Ralph Nader als „spoiler“, da er als Grünen-Kandidat 2,7 Prozent der Stimmen errang – genug, um Al Gore den Einzug ins Weiße Haus zu verderben. 2004 kandidierte Nader erfolglos (0,4 Prozent) für die Reform Party (RP), diesmal als unabhängiger Bewerber. Die großen Zeiten, als die RP mit Ross Perot drittstärkste Partei der USA war, sind vorbei. Diesmal wird sich Ted Weill, ein 83 Jahre alter früherer Farmer und sechsfacher Familienvater, um das höchste US-Amt bewerben. Weill gehört zu den RP-Gründern um Perot und ist ein langjähriger Funktionär auf Bundesebene und in Mississippi. 2004 war er schon einmal als Präsidentschaftskandidat im Gespräch, verzichtete jedoch zugunsten von Nader – genauso wie 2000 wegen der Kandidatur des konservativen Publizisten Pat Buchanan. Rechts von der Reformpartei steht die Constitution Party (CP). Ihr Kandidat, der Baptisten-Priester und Radiomoderator Chuck Baldwin, hatte bereits 2004 als Vizepräsidentschaftskandidat der Partei auf dem Stimmzettel gestanden. Damals erhielt deren Bewerber Michael Peroutka knapp 130.000 Stimmen. Mit einem christlich-rechtskonservativen Programm, das Schwerpunkte in den Bereichen Einwanderungsstopp, Lebensschutz und Globalisierungskritik setzt, hofft die CP auf Stimmen enttäuschter Bush-Wähler. Darauf hofft aber auch Alan Keyes, ein 58jähriger schwarzer Ex-Spitzendiplomat aus der Reagan-Ära, der für Americas Independent Party antritt. Mit noch geringeren Wahlchancen als die konservativen Kleinparteien kandidieren auf der linken Seite des politischen Spektrums Brian Moore von der Sozialistischen Partei (SP USA) und Gloria Estela La Riva für die marxistische Party for Socialism and Liberation. Der Kandidat der trotzkistischen Socialist Workers Party, Róger Calero, könnte sein Amt bei einem Wahlsieg nicht einmal antreten, da er in Nicaragua geboren wurde und ihm somit das Weiße Haus verwehrt bleibt. Bei den übrigen Kandidaten wird nicht selten die Grenze des Skurrilen erreicht. So erinnert die Boston Tea Party, für die der Ex-LP-Mann Charles Jay antritt, an das gleichnamige historische Ereignis von 1773, als im Bostoner Hafen die Vernichtung einer Ladung Tee als Protest gegen die englische Teesteuer das Fanal zur Unabhängigkeitsbewegung der amerikanischen Kolonisten gab. Zum weiten Mal tritt der „Church of God“-Pfarrer Gene Amondson für die Prohibition Party an, die das Alkoholverbot reanimieren will. Ganz und gar unchristlich gibt sich Jonathon „The Impaler“ Sharkey, ein 44jähriger Ex-Boxer und Wrestler von der heidnischen Vampires, Witches, and Pagans Party, der sich schon als Republikaner für den Kongreß bewarb und 2006 Gouverneur von Minnesota werden wollte. In noch bizarrere politische Abgründe steigen schließlich „write in“-Bewerber wie der Mussolini-Verehrer Jack Grimes (United Fascist Union) oder John Taylor Bowles (National Socialist Order of America).
Informationen über die Alternativkandidaten im Internet: www.thirdpartywatch.com Die offizielle Federal Election Commission der USA: www.fec.gov