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Marc Jongen, ESN Fraktion

Awacs-Anforderung sorgt für Turbulenzen

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Eine möglicherweise bevorstehende Entsendung von sogenannten Awacs-Flugzeugen (Airborne Warning and Control System) der Nato nach Afghanistan sorgt in Berlin für Diskussionsstoff. Die im nordrhein-westfälischen Geilenkirchen stationierten Maschinen mit dem markanten pilzförmigen Radaraufsatz dienen zur Luftraumüberwachung und als fliegende Kommandozentralen für den Einsatz von Kampfflugzeugen. Ihre Besatzungen bestehen aus gemischten Kontingenten der einzelnen Nato-Staaten, darunter rund vierzig Prozent deutsche Soldaten. Aus diesem Grund müßte bei einem Afghanistan-Einsatz der Bundestag zunächst um die Zustimmung ersucht werden. Dies ist vor allem zwingend erforderlich, seitdem das Bundesverfassungsgerichts am 7. Mai dieses Jahres in  einem Urteil den „wehrverfassungsrechtlichen Parlamentsvorbehalt“ gestärkt und die von der rot-grünen Bundesregierung vor Beginn des Irak-Krieges im Jahr 2003 vorgenommene Entsendung deutscher Luftwaffensoldaten in den Überwachungsflugzeugen ohne Zustimmung des Bundestages für unzulässig erklärt hatte: „Mit der Luftraumüberwachung der Türkei in Awacs-Flugzeugen der Nato haben sich deutsche Soldaten an einem Militäreinsatz beteiligt, bei dem greifbare tatsächliche Anhaltspunkte für eine drohende Verstrickung in bewaffnete Auseinandersetzungen bestanden“, so die Karlsruher Richter. Laut der Aussage eines Sprechers des Bundesverteidigungsministeriums ist der Bundesregierung seit dem 25. Juli dieses Jahres bekannt, daß der Oberbefehlshaber der Isaf-Truppe in Afghanistan bei den zuständigen Nato-Stellen um die Entsendung der Maschinen ersucht habe. Den „informellen Prozeß“, so hieß es weiter, verfolge man „seit ungefähr März dieses Jahres“. Offiziell wird die Anforderung der Überwachungsflugzeuge damit begründet, daß der Flugverkehr über dem Land stark zugenommen habe, die bodengestützte Überwachung jedoch noch zu unterentwickelt sei. Bisher sind nur Awacs-Maschinen der amerikanischen Luftwaffe im Einsatz über Afghanistan, die auch zur Unterstützung von Kampfeinsätzen der „Operation Enduring Freedom“ (OEF) verwendet werden. Kritiker eines möglichen Nato-Awacs-Einsatzes befürchten, daß es dann zu einer Vermischung kommen könnte und die Maschinen aus Geilenkirchen nicht nur der Isaf-Schutztruppe dienten, sondern auch für Kampfeinsätze der OEF benutzt würden; außerdem bedeute der Einsatz deutscher Besatzungen, daß die regionale Begrenzung des deutschen Kontingents aufgegeben werde, da die Flugzeuge nur über ganz Afghanistan sinnvoll einsetzbar seien. Während sich der Unions-Außenpolitiker Eckart von Klaeden für einen möglichen Einsatz aussprach, da dieser „dem Schutz unserer Soldaten wie auch dem der Soldaten unserer Verbündeten dienen und die Zahl ziviler Opfer reduzieren“ könne, betonte der SPD-Verteidigungspolitiker Rainer Arnold, zuvor  müsse eine Vermischung von Isaf und OEF verhindert werden. Eher skeptisch bis ablehnend äußerte sich auch der grüne Wehrexperte Winfrid Nachtwei, da weitere Einsätze zugunsten der OEF nicht vom Bundestagsmandat gedeckt seien. Die FDP-Verteidigungsexpertin Birgit Homburger zeigte sich verbittert über die Informationspolitik der Bundesregierung: „Der Bundestag bekommt offenbar erst dann Informationen, wenn er sich lautstark beschwert, daß sie ihm vorenthalten werden“, so die Vizefraktionschefin gegenüber dem Tagesspiegel. Sie warnte außerdem, die „Geheimniskrämerei und unsägliche Salamitaktik“ der Regierung im Umgang mit dem deutschen Militäreinsatz in Afghanistan würden deren Glaubwürdigkeit untergraben und der Bundeswehr schaden. In der Presse und unter Verteidigungspolitikern des Bundestages wurde darüber spekuliert, daß die Bundesregierung auf eine Verzögerungstaktik setzt, um eine zum jetzigen Zeitpunkt unwillkommene Debatte über die Ausweitung des Afghanistan-Mandats zu verhindern. Angeblich hätten sich Bundeskanzlerin Merkel, Außenminister Steinmeier und Verteidigungsminister Jung darauf geeinigt. Regierungssprecher Ulrich Wilhelm wies solche Vorwürfe zurück und betonte die Notwendigkeit einer sorgfältigen Vorbereitung, bevor ein entsprechender Antrag im Bundestag gestellt werden könnte: „Erst dann, wenn die Diskussion auf militärischer Ebene im Nato-Militärausschuß geführt worden ist, macht, so glaube ich, eine Befassung der politischen Ebene Sinn“, sagte Wilhelm. Außenminister Frank-Walter Steinmeier (SPD) mahnte in einem Interview mit dem Spiegel: „Wir sollten nicht jede Anforderung von mehr Militär für gottgegeben halten und sofort Ja und Amen sagen. Da der Bundestag über die Awacs-Maschinen entscheiden muß, sind wir als Regierung gut beraten, die Grundlage für eine mögliche Entscheidung sorgfältig vorzubereiten.“ Mit einem Abschluß der Nato-internen Beratungen wird im Herbst gerechnet. Im Oktober soll zudem der Bundestag eine personelle Aufstockung des deutschen Afghanistan-Kontingents von 3.500 auf 4.500 Soldaten beschließen.   Stichwort: Awacs-Flugzeuge Das seit 1977 bestehende Airborne Warning and Control System (Awacs) der Nato umfaßt 17 Maschinen des Typs Boeing-E-3A, die auf dem Fliegerhorst Geilenkirchen bei Aachen stationiert sind. Die Flugzeuge operieren in 9.500 Metern Höhe und können mit ihrem Radar jeweils den Luftraum im Umkreis von 312.000 Quadratkilometern überwachen so­wie Boden-, Luft- und Seestreitkräfte mit Informationen versorgen. In Afghanistan sollen die Maschinen, die über 17 Mann Besatzung verfügen, den Plänen der Nato zufolge unter anderem die Luftbewegungen der westlichen Streitkräfte überwachen und koordinieren. Foto: Ein Awacs-Flugzeug der Nato im Einsatz: Vierzig Prozent der Besatzung bestehen aus deutsche Offizieren

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