Die Aufschiebung seiner Einäscherung und die Frage einer zweiten Obduktion des Leichnams brachten vorige Woche den Tod Jörg Haiders neuerlich in die Schlagzeilen (JF 44/08). Der Medienhype um den Tod ihres Mannes sei „widerwärtig“, ließ Claudia Haider in der Presse ausrichten. Die Zweifel der Familie bewegten sich „fernab von Verschwörungstheorien“, erklärte der mit der anwaltlichen Vertretung beauftragte Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer gegenüber dem Wiener Kurier. „Keiner glaubt an ein Attentat oder so.“ Das Boulevardblatt Österreich berichtete, das Obduktionsergebnis der Grazer Gerichtsmedizin belege, daß neben Alkohol (1,77 Promille) keinerlei Drogen oder Psychopharmaka festgestellt wurden. Die in Haiders Unfallwagen gefundene Packung „Sunny Soul“ sei ein harmloser Stimmungsaufheller der Salzburger Firma Ökopharm gewesen. Das Präparat könne Haiders Fahrtüchtigkeit nicht beeinträchtigt haben. Zum Beleg dafür, daß Haider beim Fahren eventuell durch SMS-Verkehr abgelenkt gewesen sein könnte, druckte Österreich ein Protokoll seiner Mobilfunkaktivitäten in den letzten Minuten vor seinem Verkehrsunfall ab. Über Adressaten und Inhalt der Kommunikation gibt es nur Mutmaßungen. Davon unbenommen hat das Bündnis Zukunft Österreich (BZÖ) die Weichen für die Nach-Haider-Ära gestellt. Stefan Petzner, Haiders designierter Nachfolger als Parteichef, wurde vorige Woche aber nicht zum Klubobmann gewählt. Der wegen seiner emotionalen Medienauftritte („Haider war mein Lebensmensch“) in die Kritik geratene BZÖ-Generalsekretär habe selbst Josef Bucher für dieses Amt vorgeschlagen. Der 43jährige ist Aufsichtsratschef der Kärnten Werbung und der Tourismus Holding Kärnten. Er saß ab 2002 für die FPÖ im Nationalrat. Im September war Bucher Kärntner Spitzenkandidat des BZÖ bei den Nationalratswahlen. Die Tatsache, daß dem geschiedenen Vater von drei Söhnen bei 21 Abgeordneten fünf Stellvertreter zur Seite gestellt wurden, mag verwundern. Doch die kolportierten Zerwürfnisse der Vergangenheit ließen wohl keine andere Streitprophylaxe zu, als Stefan Petzner, Haiders Schwester Ursula Haubner, Ex-Verteidigungsminister Herbert Scheibner, Ex-FPÖ-Klubobmann Peter Westenthaler und Ex-FPÖ-Volksanwalt Ewald Stadler zu ernennen. Auch im Kärntner Mutterland des BZÖ steht es derzeit nicht zum besten. Dort wurde zwar der 53jährige bisherige Vize Gerhard Dörfler zum neuen Landeshauptmann gewählt. Er erhielt aber nur 19 Stimmen, sein SPÖ-Gegenkandidat Reinhart Rohr 17. Pikant daran ist: FPÖ-Landesrat Franz Schwager hatte offen gewählt und die vier ÖVP-Abgeordneten ihren Stimmzettel mit einer Paraphe versehen. Somit war klar, daß die eine fehlende Stimme einen BZÖ-Abgeordneten betraf. Ob dahinter einer der Brüder Uwe und Kurt Scheuch steht (sie sollen künftig als Landesparteiobmann bzw. BZÖ-Klubobmann fungieren), ist unklar. Aufatmen kann hingegen die FPÖ: Ihr Kandidat Martin Graf wurde am Dienstag mit 109 Stimmen zum Dritten Nationalratspräsidenten gewählt. Ex-Grünen-Chef Alexander van der Bellen erhielt nur 27. Da der 48jährige Graf „Alter Herr“ der Wiener Burschenschaft Olympia ist, hatte es vor und nach der Wahl heftige Kritik von den Grünen, Teilen der SPÖ und der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG) an ihm gegeben. Mit Graf hätten die ihn wählenden Abgeordneten „einen symbolischen Akt gesetzt, welcher zu einer weiteren Stärkung des rechtsextremen Lagers führen kann und wenig Sensibilität gegenüber der österreichischen Geschichte und den tragischen Folgen der Deutschtümelei zeigt“, teilte die IKG mit.
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